Gelobt und kämpferisch

Hochgelobt* heißt längst noch nicht vielgelesen. Das ist die Diskrepanz, die momentan** die Lyrik der Gegenwart umtreibt. Monika Rinck, 1969 geboren, in Berlin lebend, ist eine der herausragenden Protagonistinnen*** der Gegenwartslyrik, hochgradig anerkannt, vielfach ausgezeichnet, aber das Risiko, „ungelesen oder missverstanden zu bleiben“, ist ihr, wie sie selbst schreibt, durchaus bekannt. 2004 veröffentlichte Rinck ihren ersten Gedichtband „Verzückte Distanzen“ im kleinen, feinen Entdeckerverlag zu Klampen!.

Seit 2006 publiziert sie im Berliner kookbooks-Verlag****. Vier große Gedichtbände hat sie seither dort veröffentlicht. Für ihre 2012 erschienenen „Honigprotokolle“ erhielt sie mit dem Peter-Huchel-Preis die höchste Anerkennung, die eine Dichterin innerhalb der deutschsprachigen Lyrik erhalten kann.***** An diesem Wochenende wird ihr in Berlin der renommierte Kleist-Preis verliehen. In diesem Jahr allerdings sorgt Rinck nicht etwa mit ihrer Lyrik, sondern mit ihrem neuen Essayband für Furore. „Risiko und Idiotie“, heißt er, und er trägt den kämpferischen Untertitel „Streitschriften“. / Christian Metz, FAZ

*) In meiner Jugend unterschied man zwischen „zu recht hoch gelobt“ und „zu unrecht hochgelobt“. Im Neusprech kann man das gar nicht mehr ausdrücken.

**) Wenn das mal nicht immer so war. Die sogenannten Klassiker: „Wer wird nicht einen Klopstock loben? Doch wird ihn jeder lesen? Nein. Wir wollen weniger erhoben und fleißiger gelesen sein.“ (Lessing sagt „Wir“, statt auf den „schwierigen“ Klopstock zu zeigen.)

***) Wenn man in Deutschland die weibliche Form verwendet, klingt immer die Einschränkung mit: „Naja, unter den Dichterinnen bedeutend“. Dann wäre es schon gleich besser, zu sagen: „eine der herausragenden Protagonisten“. (Dickinson is a great poet, Droste eine große Dichterin.)

****) Auch ein kleiner feiner Entdeckerverlag.

*****) Wenn auch nicht in finanzieller Hinsicht. Huchel (Freiburg): 10.000, Ernst Meister (Hagen): 13.000, Ringelnatz (Cuxhaven), Mörike (Fellbach): 15.000, Hölty (Hannover): 20.000, Rainer Malkowski (München): 30.000

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