97. Mit Lyrik gegen die Krise in Ungarn

Wider die rhetorische Verwilderung – mit Lyrik gegen die Krise in Ungarn

Es war ein Gedicht, das die Ungarn aufrüttelte: István Keménys „Abschiedsbrief“ aus dem Jahr 2011 bewegte Bevölkerung und literarische Szene gleichermaßen. Das Gedicht veränderte das Verhältnis von Dichtung und Politik: der politische Diskurs in Ungarn findet jetzt über und mit Poesie statt – ein in Europa wohl einzigartiges Phänomen. Am 9.6.2013 widmet sich das poesiefestival berlin in Lesung, Gespräch und Konzert der Krise in Ungarn und der Rolle der Poesie in ihr. Mit dabei in der Akademie der Künste sind u.a. die Autoren Szilárd Borbély, István Kemény, Petra Szőcs und Péter Závada, der Performance-Künstler Tibor Szemző und der Singer-Songwriter Zoltán Beck.
Die politische Rhetorik in Ungarn ist verhärtet, die Lyrik bietet einen Freiraum zur Debatte. Poesie-Lesungen sind politischer und radikaler geworden, bei Demonstrationen werden Gedichte auf Handzetteln verteilt, bissige Aphorismen und prägnante Couplets werden getwittert und gepostet.
In dem Gedicht „Abschiedsbrief“ nahm Kemény Abschied von einem Land, das nach dem Ende des Staatssozialismus keine demokratische Stabilität gefunden hat und stattdessen zunehmend autoritäre Züge annimmt. Immer wieder hinterfragt er die Rolle des Dichters in diesen Zeiten. Szilárd Borbély trauert in seiner Lyrik über die ermordeten Roma. Ein Politikum, denn die Pogrome der Neo-Nazis werden nach wie vor nicht öffentlich diskutiert. Der Singer-Songwriter Zoltán Beck verbindet Musik und Dichtkunst und eröffnet ihr so weitere Verbreitungskanäle – in Ungarn wird wieder erlebt, was das gedichtete Wort vermag.

Das poesiefestival berlin ist ein Projekt der Literaturwerkstatt Berlin in Kooperation mit der Akademie der Künste und wird gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds.

7.- 15. Juni 2013
14. poesiefestival berlin
Akademie der Künste, Hanseatenweg 10, 10557 Berlin

So 9.6.2013, 18.00 Uhr
Warum und wie ist die zeitgenössische Lyrik politisch?
Poesiegespräch mit Szilárd Borbély (Autor, Debrecen), Orsolya Kalász (Autorin, Berlin), Dóra Péczely (Lektorin, Budapest)
Moderation: Wilhelm Droste (Literaturwissenschaftler, Ungarn)

So 9.6.2013, 20.00 Uhr
„Die Ruinen sind genauso wie die Rose“
Zweisprachige Lyriklesung mit Szilárd Borbély, István Kemény, Petra Szőcs, Péter Závada und Singer-Songwriter Zoltán Beck
Moderation: Can Togay, Leiter des Collegium Hungaricum Berlin

So 9.6.2013, 22.00 Uhr
Multimedia-Performance: „Tractatus“
Eine Kammerkomposition zu Ludwig Wittgensteins „Tractatus Logico-Philosophicus“ von Tibor Szemző

So 9.6.2013, 23.00 Uhr
Konzert: Presszó Tangó Libidó

Die Literaturwerkstatt Berlin führt eine Kampagne zur Gründung eines Deutschen Zentrums für Poesie. Dieses Poesiezentrum wird Informations-, Arbeits-, Begegnungs- und Veranstaltungsstätte für Dichterinnen und Dichter sein, für die interessierte Öffentlichkeit aller Altersstufen, für Verleger, für Lernende und Lehrende, für Medien und Multiplikatoren aus dem In- und Ausland. Weitere Informationen unter www.poesiezentrum.de

Für Rückfragen und Informationen:
Boris Nitzsche & Jutta Büchter Presse/ÖA,
Literaturwerkstatt Berlin, Tel: 030. 48 52 45 25
www.literaturwerkstatt.org

2 Comments on “97. Mit Lyrik gegen die Krise in Ungarn

  1. Nun, ich denke, dass diese Gruppe (s.o) aus Budapest eine Seite von Ungarn zeigt, nur die linke eben. Aber es gibt auch eine sog. bürgerliche, die aber nie gefragt wird, nie geladen wird, und somit wird das Bild von Ungarn nie komplettiert. Das ist schade und ungerecht. Was wäre, wenn wir in Ungarn immerfort Leute haetten, die von Nazi-Deutschland sprechen würden? Wie würde das euch gefallen?

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  2. liebe lyrikzeitung. gibt es bereits eine deutsche oder englische abschiedsbrief übersetzung? kann sie leider nicht ausfindig machen, und das ungarische übersteigt leider meine kompetenzen, was anbetracht der lage und peter nadas schade ist. nunja, danke im vorraus und weiter so, galore
    rick.reuther@googlemail.com

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