37. DDR-Lyrik

Zum 60. Gründungstag der DDR  (der 7. Oktober war Nationalfeiertag) bespricht die Märkische Allgemeine zwei aktuelle Anthologien:

Zu unterschiedlich sind die Konzeptionen: Die „100 Gedichte“ sind thematisch in vier Hauptkapitel geordnet, die „Auferstanden aus Ruinen“ heißen, „Das Aufbegehren und die Macht“, „Die Geräusche des Landes“ und „Probe des Grenzfalls“. Die Gedichte korrespondieren spannungsreich miteinander.

Arnold und Korte jedoch bevorzugen die Chronologie. Mit 500 Gedichten von 180 Autoren repräsentieren sie eine weitaus größere Stimmenvielfalt. Ästhetisches Interesse allein war aber wohl nicht ausschlaggebend, sonst wären nicht die kuriosesten politischen Texte aufgenommen worden, etwa Kurt Huhns „Moskau“-Jubel („fest wie Zement, hart wie Beton“), oder Jens Gerlachs Stalinhymne „Schwarz trauern des Himmels Planen“. Eine Peinlichkeit ist Rudolf Bahros anlässlich eines Fußballspiels entstandenes Gedicht „Deutschland?“ von 1960 mit der Feststellung „In Bonn hat Deutschland aufgehört zu sein“. Was beweist, dass nicht nur das Internet, sondern auch das Buch ein unauslöschliches Gedächtnis hat.

Solche unfreiwillige Komik oder Tragikomik kommt nur aus Nebenprodukten. Das Wesentliche steht in den Versen der wahren Dichter, zu denen sowohl die Wagenbach-Anthologie als auch die von Arnold unter anderen Bertolt Brecht, Johannes Bobrowski, Peter Huchel, Volker Braun, Karl Mickel, Sarah Kirsch oder Wolfgang Hilbig zählen. / Dorothea von Törne

Christoph Buchwald / Klaus Wagenbach (Hrsg): 100 Gedichte aus der DDR. Wagenbach, 168 Seiten, 16,90 Euro.

Ludwig Arnold / Hermann Korte (Hrsg): Lyrik der DDR. S. Fischer , 450 Seiten, 24,95 Euro.

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