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Veröffentlicht am 17. September 2003 von rekalisch
Kann man Ernst Jandl, den großen österreichischen Sprachkünstler, in eine andere Sprache übersetzen? Man kann, wenn man ein eben so großer Künstler mit Gespür für den Witz, die Wirkung und die Wahrheit der Sprache ist. Josef Hirsal war so ein Künstler. Er übersetzte Jandl und Morgenstern, Kafka, Hildesheimer und Enzensberger ins Tschechische. Vor allem aber war Hirsal selbst einer der bedeutendsten Autoren experimenteller Poesie in Böhmen. Josef Hirsal ist im Alter von 83 Jahren in Prag gestorben. / DLF 17.9.03
DLF: Er hat einmal gesagt, er habe sich in die konkrete Poesie als Dichter zurückgezogen, weil er etwas machen wollte, das absolut nicht missbraucht werden könnte. Ist ihm das gelungen? Hat er sich nie missbrauchen lassen?
Tomas Kafka: Ich glaube, ja. Er wurde eher verschwiegen als missbraucht, aber bei all den technizistischen Ansatz wie Konkretismus usw. wie es die westeuropäischen Prediger von Konkretismus gemeint haben, Hirsal blieb bei alldem ein essentieller Dichter. Er konnte zwar Kopflyrik produzieren, aber irgendwie wurde es immer ein bisschen „verschmutzt“ durch seine lyrische Ader oder Denkweise. Deswegen blieb Hirsal quasi ein Konkretist oder Avantgardist bis zum Ende seines Schaffens, aber zugleich war er ein ganz autonomer Dichter, absolut unabhängig auch von den Ismen, die er vielleicht bisweilen selbst mittragen und predigen wollte.
Kategorie: Böhmen, Deutsch, Tschechien, TschechischSchlagworte: Christian Morgenstern, Ernst Jandl, Franz Kafka, Hans Magnus Enzensberger, Josef Hirsal, Wolfgang Hildesheimer
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