Das Archiv der Lyriknachrichten | Seit 2001 | News that stays news
Und was ist politische Lyrik? Das ist Lyrik, wird ein literarisch gebildeter Mensch sagen, die einen Missstand benennt und dabei Position bezieht. Also Lyrik im Dienste der Aufklärung, Bertolt Brecht und seine Nachfolger wie etwa Günter Grass’ Anti-Vietnamkrieg-Gedicht „In Ohnmacht gefallen“, Hans Magnus Enzensbergers „Ins Lesebuch für die Oberstufe“ und Alfred Andersch mit seinem „Paragraph 3(3)“.
Bei einem derart vorgeprägten Begriff wie dem der politischen Lyrik kann und muss ein Band wie „Alles außer Tiernahrung“ irritieren, der dem Leser „Neue politische Gedichte“ vorstellen will, denn die in dieser Anthologie veröffentlichten Autoren – größtenteils Lyriker, die zwischen 25 und 40 Jahre alt sind – spielen den Ball an, ohne ihn ins Tor zu schießen, wenn ihr Sujet überhaupt erkennbar ist. Politische Sachverhalte wie die Migration in die ‚Festung Europa‘ in Björn Kuhligks Gedicht „Die Liebe in den Zeiten der EU“ oder Arbeitslosigkeit und Entfremdung in der Großstadt in Stan Lafleurs Text „tauben“ werden durch einige gezielt geäußerte Begriffe assoziativ im Leser angesprochen – ungefähr so, als ob ein Musiker wenige Töne einer Melodie erklingen lässt und sich darauf verlässt, dass der Zuhörer dann das gesamte Lied im Ohr hat. Einige wenige Autoren, wie Adrian Kasnitz, der in „am bankomat“ die Auswirkungen der Konsumgesellschaft thematisiert, oder Gerald Fiebig, der sich in „nach der industrie“ mit dem Niedergang Detroits befasst, werden deutlicher in ihrer Darstellung, ohne dass sie dem Leser die Utopie einer besseren Gesellschaft aufzeigen oder ihn konkret zum Handeln auffordern. Dadurch wird diese Anthologie zu einem Dokument der Postmoderne und zu einer Standortbestimmung, was Lyrik heute im politischen Sinne zu leisten vermag. …
Gut gefällt, dass es dem Herausgeber Tom Schulz geglückt ist, neben etablierten Stimmen, wie Monika Rinck, Adrian Kasnitz oder Ron Winkler, das Potential von Dichtern, die bisher weniger in Erscheinung getreten sind, wie Markus Roloff, Florian Voß oder Simone Hirth, zu verdeutlichen. Wer „Lyrik von Jetzt“ oder ähnliche Anthologien mag, wird auch diesen Band zu schätzen wissen, auch wenn die Gedichte von Autoren wie Marcel Beyer oder Thomas Kunst stilistisch von denen der „LvJ“-Generation abweichen und obwohl die Gedichte des Herausgebers wegen ihres überzogenen Hanges zur Originalität von allen Texten am wenigsten überzeugen. / Andreas Hutt, literaturkritik.de
Tom Schulz (Hg.): Alles außer Tiernahrung. Neue politische Gedichte.
Rotbuch Verlag, Berlin 2009.
144 S., 16,90 EUR.
ISBN-13: 9783867890793
Vgl. L&Poe 2011 Sep #118. Das Minenfeld des politischen Gedichts
http://poemie.jimdo.com/neuropoesie/poemie-extase-statt-elite/gastbeitrag-kai-pohl-durchgeknallte-materie/
= der neueste gastbeitrag für http://www.politlyrik.de !
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brunos nummer 38 ist jetzt als fotocollage in DRUCKQUALITÄT online:
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Vielleicht sollte man diesen Faden nunmehr umbenennen.
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Bruno Brachland Nr.49, 26.-27.2.2012
ÜBERHO(H)LUNG
(PLERomACRON Teil 3)
morgens das zwitschern der vögel
im weit geöffneten fenster
die tropischen kissen ausschütteln
den kaffee to go filterlos aufsetZEN
mittags sirenen von krankenwagen
die nicht mich meinen nachmittags
wenn sich der arktische nebel lichtet
aufräumen und nachdenken über maßnahmen
zur verbesserung der situation
abends das rauschen des monitors
während die nachrichten schon
wieder veraltet sind nachts
dieses tinnitusticken der wanduhr
und wein dazu taktvoll schlürfen
mit etwas glück wieder pünktlich
bei sonnenaufgang aus albträumen
erwachen das zwitschern der vögel
der krankenwagen der monitor und
das ticken die ruhe bewahren nicht
mehr von der jetzigen welt abverlangen
als nötig ist um zu überleben
visionen sind nur noch vorahnungen
von natürlichen fließrichtungen
warten heißt zu große wahrheits-
floskeln in ziemlich geduldige
wahrscheinlichkeitsformeln
abzuändern die zahnschmerZEN
als somatoforme zauberei anerkennen
nelkenzigaretten rauchen
zimtkaugummi kauen
das beste aus jedem tag rausholen
den krankenwagen herbeirufen
die zugvögel ziehen lassen
den monitor ausschalten
den wein wegschütten
die zeitung zerknüllen
die wanduhr im herd schmelZEN
kandinsky picasso dali und schwitters
in einem einzigen atemzug nennen
dann ein zwei drei taschentücher
vollrotZEN und nicht mehr umdrehen
NICHT UMDREHEN NACH VORNE SEHEN
in dieses sagenhaft offene feld gehen
das gnadenlose geräusch der stille
von innen verstehen wo niemand
wohnt niemand denkt niemand fragt
es ist alles gesagt
meine damen meine herren
der weltuntergang wurde kurzfristig
ABGESAGT wir machen weiter
schnipseljagd
(c) Copyright by G&GN-Trademark POEMiE TM @ http://www.Politlyrik.de
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http://www.OFFLITERATUR.de
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Aus einem erneut luziden Thesenreigen von Daniel Richter:
Natürlich können Künstler etwas bewirken, das hängt jedoch von der Gesellschaft ab, in der sie leben. Je autoritärer ein System ist, desto bedeutender wird die Kunst als Antagonist. Wir aber leben im Museum Europa, und da ist dieses ganze Herumpolitisieren nur eine Ersatzhandlung, nur eine Geste der Selbstgerechtigkeit. Jemand, der ein Saatgutprojekt in Indien betreibt, tut mehr als jemand, der sich in seiner Kunst mit dem Postkolonialismus beschäftigt. […] Jemand will die Welt retten, wird aber Bono Vox, das ist peinlich.
DIE ZEIT: Dann sollte sich die Kunst vor allem mit der Kunst befassen?
Das wäre ja auch schrecklich. Nein, was mich stört, ist diese Klammerei: Die Künstler suchen Halt im Politischen, statt sich selbst in der Kunst aufs Spiel zu setzen.
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»Ich bin Daniel Rubens«. Gespräch mit Daniel Richter. DIE ZEIT vom 22.09.2011 [Nr. 39]
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tschuldigung, wo gehts denn hier zur diskussion über POLITIK? IHR SEID DOCH ALLE POLIZISTEN!!! 😉
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Mehr dazu/ davon:
http://www.literaturwerkstatt.org/index.php?id=226
Yaak Karsunke, Bert Papenfuß, Sabine Scho und Tom Schulz sprechen über politische Lyrik.
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Bisher eines der wenigen meiner Gedichte, das man politisch nennen könnte: http://gedichtbandlose-lyrik.de/konsumboom
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Pingback: 94. Dauerbrenner « Lyrikzeitung & Poetry News
und natürlich PETER-PAUL ZAHL 🙂 video seiner lesung im DASLABOR unter http://www.artNewCologne.de
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Pingback: 119. Top Rück-Klicks (die vergangene Woche) « Lyrikzeitung & Poetry News
74 besuche? aber was bedeutet das schon? wichtiger wäre zu wissen, wieviele verschiedene ID-zugriffe es gibt, also die besucheR 🙂 ja, der lyrik-von-2-ticker war ja alt (zumindest inhaltlich), versteh ich auch nicht, warum du den nochmal gebracht hast…
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TOPNEWS: Am 21.3.2010, dem „WELTTAG DER POESIE“, rezitiert Tom de Toys ausgewählte Gedichte von Karl-Johannes Vogt als Opener des Poetryslams im Düsseldorfer zakk! Außerdem befindet sich im zakk-Foyer ein LITERATURAUTOMAT, dessen neue Befüllung bereits ab dem 18.3.2010 eine Schachtel mit Vogt-Gedichten enthält (u.a. eine Exklusiv-Erstveröffentlichung!), die sich 6 Wochen lang für 2 Euro wie Zigaretten ziehen läßßt…
http://www.LITERATURAUTOMAT.eu
ACHTEN SIE ALS LYRIKMAIL-LESER AUßßERDEM AUF IHRE EMAILBOX: ES ERWARTET SIE IM APRIL 2010 ALS #2191 EIN WEITERES VOGT-GEDICHT, DAS DEN 10.NAHBELL-JUBILÄUMSPREISTRÄGER 2009 VON SEINER UNGEWÖHNLICH SUBTIL SCHARFEN POLITISCHEN SEITE ZEIGT !!!
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ach michael, schön den titel dieses immer verstaubteren tickers immer wieder und wieder als top-rück-klick (ein genialischer neologismuß!) zu sehen, aber welche yuppie-popper-literatte hat noch mumm genug, hierzu stellung zu beziehen! dieses ganze verf… [-BLEEEEEEP-] pseudopolitpack! ich will BUDDHA BEI DIE FISCHE !!!!!!!!!!! „IN DEUTSCHLAND IS [-noch immer-] NIX LOS“ !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
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das ist doch wirklich pure satire vom feinsten!!! germanisten-blabla über dichter-blubbblubb – ein klinke putzt die andre 🙂
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