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Veröffentlicht am 22. April 2022 von lyrikzeitung
Unmittelbar neben dem Gedicht von Leander Sukov (L&Poe von gestern) steht dieses Gedicht der ukrainischen Autorin Taisija Najdenko.
TAISIJA NAJDENKO (2015) Odessa stand einst auf drei Juden Odessa stand einst auf drei Juden. Auf drei Juden und ’nem Griechen konstant. Der alte Grieche zu Staub ist verfallen. Die Juden haben wir im Pogrom überrannt. Odessa stand einst auf drei Ukrainern. Gab Speck und schenkte ein Dach. Den Speck aßen sie auf und in Eile verschlangen sie die Ukrainer danach. Odessa stand einst auf drei Schiffen und schwarze Wellen schlugen an Bord. Nun sind die Schiffe in fremden Gewässern. Dort ohne Verbindung hinfort. Odessa stand einst auf drei Wörtern. Doch ehrlich war keines im Mund. Sehr lang stand sie auch auf drei Sicheln und bis aufs Blut zerstach sich den Grund Sie stand auf Großvaters Krücken. Auf den Geschichten wie den Krieg er ertrug. Dreißig Jahr ist er nun schon begraben. Die Krücken waren so nicht genug. Es schaukeln Odessa die Winde und es zittert das steinerne Herz. Die einen führt Stolz, die anderen Schmerz. Doch Mutter stöhnt »Nicht auf die Schultern binden! Führ wenigstens bei der Hand mich vorwärts.«
Aus: Europa erlesen. Odessa. Hrsg. Dareg A. Zabarah. Klagenfurt: Wieser, 2017, S. 265f
Aus dem Russischen von Dareg Zabarah, als Quelle ist die Webseite https://stihi.ru/2015/04/21/ angegeben. Diese Webseite ist nicht mehr erreichbar und nicht im Internetarchiv gespeichert.
Kategorie: Russisch, UkraineSchlagworte: Dareg A. Zabarah, Taisija Najdenko
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