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Veröffentlicht am 22. Oktober 2018 von lyrikzeitung
Elisabeth Grube
(geb. Diez, * 22. Oktober 1803 in Netphen; † 21. April 1871 in Düsseldorf)
Dichternetze
Sei still mein Herz, die Morgennebel schwinden,
Mit leisen Tritten kommt der milde Tag,
Trau deinem Stern! du wirst die Liebste finden;
Gib nur dem sanften Zug der Seele nach.
Die Spinne hat ihr künstlich Netz gehangen
Mit kühner Zuversicht auf Strauch und Baum,
Sie wob es still mit eifrigem Verlangen –
Der Fliegenfang ist ihrer Nächte Traum!
O, könnt auch ich ein Zaubernetz dir weben,
Kind meines Herzens, d’rin gefangen du. –
Wie würde deine Lieb‘ die Haft beleben!
Beglückt säh ich dem süßen Spiele zu!
Die Liebe ist Instinkt der Menschenseele,
Ihr Geisterhauch bewegt die Lebensuhr,
Und wenn ich muthig sie zum Leitstern wähle
Folg‘ ich der Gottheit segenvoller Spur. –
Doch neidisch tritt die Welt mit Hindernissen
Der Lieb‘ entgegen und als Leidenschaft
Bricht sie dann Bahn – wie durch die Finsternissen
Des Felsenthals die volle Stromeskraft. –
O höre du des Liedes sanfte Stimme
Und schenke, schenke deinen Anblick mir –
Wie nach dem Blüthenstaub die fleiß’ge Imme
So sehnsuchtvoll verlangt mein Herz nach dir! –
(1852)
Aus: Gedichte von Katharina Diez und Elisabeth Grube, geb. Diez
Stuttgart: Gebr. Scheitlin, 1857, S. 200f
Kategorie: Deutsch, DeutschlandSchlagworte: Elisabeth Grube
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