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Ich glaube sogar eine Art von Scheu gegen poetische Productionen, oder wenigstens in so fern sie poetisch sind, bemerkt zu haben, die mir aus eben diesen Ursachen ganz natürlich vorkommt. Die Poesie verlangt, ja sie gebietet Sammlung, sie isolirt den Menschen wider seinen Willen, sie drängt sich wiederholt auf und ist in der breiten Welt (um nicht zu sagen in der großen) so unbequem wie eine treue Liebhaberin. / Goethe an Schiller, 9.8. 1797
Auf alle Fälle sind wir genöthigt unser Jahrhundert zu vergessen, wenn wir nach unsrer Überzeugung arbeiten wollen: denn so eine Saalbaderey in Principien, wie sie im allgemeinen jetzt gelten, ist wohl noch nicht auf der Welt gewesen, und was die neuere Philosophie Gutes stiften wird, ist noch erst abzuwarten.
Die Poesie ist doch eigentlich auf die Darstellung des empirisch pathologischen Zustandes des Menschen gegründet, und wer gesteht denn das jetzt wohl unter unsern fürtrefflichen Kennern und sogenannten Poeten? / Goethe an Schiller, 25.11. 1797
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Ich bitte, dieses Blatt nur gutmütig zu lesen. So wird es sicher nicht unfaßlich, noch weniger anstößig sein. Sollten aber dennoch einige solche Sprache zu wenig konventionell finden, so muß ich ihnen gestehen: ich kann nicht anders. An einem schönen Tage läßt sich ja fast jede Sangart hören, und die Natur, wovon es her ist, nimmts auch wieder. / Hölderlin in einem Geleitwort zur „Friedensfeier“, um 2. April 1804
Man hat neulich eine Seite aus Richard Dehmels Buche Weib und Welt, auf die Anklage eines westfälischen Barons und Referendars hin, zu konfiszieren für gut befunden. Man tut dem deutschen Publikum bitter unrecht. Es hat längst vergessen, daß es eine Lyrik besitzt, kann also von dieser Seite her in keiner Weise bedroht oder demoralisiert werden. / Rainer Maria Rilke, März 1898
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