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Über den Essayisten, Herausgeber und unermüdlichen Chronisten wird unter den Kurzsichtigen des Betriebs der vielseitige Lyriker Theo Breuer, dessen erstes Gedichtbuch 1988 erschien, gelegentlich gern übersehen. »Wortlos und andere Gedichte« heißt, programmatisch, das 2009 erschienene Lyrikbuch, in dem sich neben neuen Gedichten auch bereits bekannte Gedichte in neuen Fassungen finden. Das Buch ist im Anhang mit ausführlichen Anmerkungen versehen, die einen differenzierten und unterhaltsamen Einblick in die Textwerkstatt des Autors gewähren.
Ähnlich »Mittendrin« (1991), »Der blaue Schmetterling« (1993), »Das letzte Wort hat Brinkmann« (1996), »Land Stadt Flucht« (2002) oder »Nacht im Kreuz« (2006) läßt Theo Breuer literarische Heimatkunde auf Exotismus treffen, zeitgenössische Wirklichkeit auf Vergangenheitsgespenster. Es offenbaren sich Reibungsflächen der Moderne, die Gedichte deuten auf ein linguistisches System: Logik, Behauptung, Spekulation und Instruktion sind wie beiläufig zu lesen. Was im diesem selbsternannten Hinterland entsteht, ist ein wortwörtliches oder visuelles Spiel, das der Lyrik offenbar mühelos den Hintergrund verleiht.
»Wortlos« ist wahrhaft wortstark. Gleich das erste Gedicht – »auf der straße« – ist eine Wucht. Und »du! (ruchu dur spruchu ust dus guducht)« sollte auf Plakatwänden kleben, zu den Favoriten von Sprayern gehören. Theo Breuer entdeckt die Narreteien der Sprache immer mehr und immer wieder aufs Neue, laufend fällt der Leser in schöne Stolperfelder, drempels bis in die reine visuellpoetische Zeichenhaftigkeit hinein ziehen das Auge an: ‚Sprachstreugutbreuergut’. Was auch immer für Erwägungen und Telefonate hinter dem Gedicht »forever young« stecken mögen – ich empfinde es als ein leises und zartes Gedicht mit der herrlichen Wortschöpfung: »mondschraubengroßmutter«. Das Gedicht ist natürlich satirisch, aber auch leise-melancholisch.
/ Matthias Hagedorn über Theo Breuer: Lauschender Leser und redender Schreiber
Mit einem Motto von Gerhard Falkner:
Der Kritiker hasst den Dichter. Weil er wohl seine schwierigen, nicht aber seine einfachen Sätze versteht.
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