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Veröffentlicht am 7. September 2021 von lyrikzeitung
Am 7. September 1914 endet die Schlacht bei Gródek in Ostgalizien zwischen österreichischen und russischen Truppen mit einer Niederlage für Österreich. Georg Trakl nimmt als Sanitäter an der Schlacht teil und überlebt sie nur um wenige Wochen.
Georg Trakl
(* 3. Februar 1887 in Salzburg; † 3. November 1914 in Krakau, Galizien)
Grodek
Am Abend tönen die herbstlichen Wälder
Von tötlichen Waffen, die goldnen Ebenen
Und blauen Seen, darüber die Sonne
Düster hinrollt; umfängt die Nacht
Sterbende Krieger, die wilde Klage
Ihrer zerbrochenen Münder.
Doch stille sammelt im Weidengrund
Rotes Gewölk, darin ein zürnender Gott wohnt,
Das vergossne Blut sich, mondne Kühle;
Alle Straßen münden in schwarze Verwesung.
Unter goldnem Gezweig der Nacht und Sternen
Es schwankt der Schwester Schatten durch den schweigenden Hain,
Zu grüßen die Geister der Helden, die blutenden Häupter;
Und leise tönen im Rohr die dunkeln Flöten des Herbstes.
O stolzere Trauer! ihr ehernen Altäre,
Die heiße Flamme des Geistes nährt heute ein gewaltiger Schmerz,
Die ungebornen Enkel.
(September 1914)
Aus: Georg Trakl, Das dichterische Werk. München: dtv, 1987 (1. 1972), S. 94
Kategorie: Österreich, DeutschSchlagworte: Georg Trakl
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