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Veröffentlicht am 3. November 2019 von lyrikzeitung
Georg Trakl
(* 3. Februar 1887 in Salzburg; † 3. November 1914 in Krakau, Galizien)
Farbiger Herbst
(1. Fassung von ‘Musik im Mirabell’ Sammlung 1909)
Der Brunnen singt, die Wolken stehn
Im klaren Blau, die weißen, zarten;
Bedächtig, stille Menschen gehn
Da drunten im abendblauen Garten.
Der Ahnen Marmor ist ergraut
Ein Vogelflug streift in die Weiten
Ein Faun mit toten Augen schaut
Nach Schatten, die ins Dunkel gleiten.
Das Laub fällt rot vom alten Baum
Und kreist herein durchs offne Fenster,
In dunklen Feuern glüht der Raum,
Darin die Schatten, wie Gespenster.
Opaliger Dunst webt über das Gras,
Eine Wolke von welken, gebleichten Düften,
Im Brunnen leuchtet wie ein grünes Glas
Die Mondessichel in frierenden Lüften.
Georg Trakl: Das dichterische Werk. München: dtv, 1987 (71.-79. Tsd.), S. 142f
Abweichungen in der 2. Fassung in „Gedichte“ 1913:
Titel: Musik im Mirabell
Strophennr./Zeilennr.
1/ 1 Ein Brunnen singt. Die
1/ 2 zarten.
1/ 3 Bedächtig stille
1/ 4 Am Abend durch den alten G.
2/ 1 ergraut.
2/ 2 Vogelzug … Weiten.
3/ 1 Fenster.
3/ 3 Ein Feuerschein glüht auf im Raum
3/ 4 Und malet trübe Angstgespenster.
Ein weißer Fremdling tritt ins Haus.
Ein Hund stürzt durch verfallene Gänge.
Die Magd löscht eine Lampe aus,
Das Ohr hört nachts Sonatenklänge.
Kategorie: Österreich, DeutschSchlagworte: Georg Trakl
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