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Veröffentlicht am 13. April 2019 von lyrikzeitung
Hans Adler
(* 13. April 1880 in Wien; † 11. November 1957 ebenda)
SONETT AUS ÖSTERREICH
(1909)
Bei uns zu Haus da weht ein lauer Wind,
Der macht Gehirn und Rückgrat zeitig weich.
Wir singen stolz: O du, mein Österreich!
Und zahlen Steuern, fromm und wohlgesinnt.
Was fehlt uns denn? Das Land ist schön und reich,
Der Wein ist gut, der durch die Kehle rinnt,
Und, Brüder, vor dem Strafgesetze sind
Wir ohne Unterschied der Sprache gleich.
Was draußen lebt und kämpft und blüht und drängt,
Wagt sich an unsern Dunstkreis nicht heran.
Der Sumpf ist tief und wehe dem, der denkt!
Wir glauben, daß ein guter Gott uns lenkt
Und daß uns schließlich nichts passieren kann;
Und unser Horizont ist schwarz verhängt.
Aus: Hans Adler: Erzählungen und Gedichte. (Randfiguren der Moderne). Hannover: Postskriptum, 1992, S. 55
Kategorie: Österreich, DeutschSchlagworte: Hans Adler
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