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Seit Freitag steht die steirische Marktgemeinde Neuberg an der Mürz ganz im Zeichen der deutschsprachigen Lyrik. Gestern Abend wurde zum achten Mal im Rahmen der Ernst-Jandl-Lyriktage, der mit 15.000 Euro dotierte Jandl-Preis vergeben, der heuer an den österreichischen Autor Franz Josef Czernin ging. „Franz Josef Czernins Werk ist ein großes Abenteuer der Literatur, ein enzyklopädisches Unternehmen, das seinen Gegenstand in immer neuen Versuchen umkreist. Der Zusammenhang zwischen Subjekt, Sprache und Welt wird in seiner Poesie einem Spiel überlassen, bei dem Dichtung und Erkenntnis in eins fallen. Vom strengen Sonett bis zum pfingstlichen „zungenenglisch“, vom Essay bis zum Aphorismus reicht der Katalog der Formen, von der Romantik über die Mystik und den Symbolismus bis zu den experimentellen Avantgarden reicht ein Kanon, den Franz Josef Czernin in sein unverwechselbar eigenes Projekt transformiert: in die mit aller Sinnlichkeit, größtem Wissen und höchster Intelligenz gestellte Frage, wie die Wirklichkeit durch die Sprache im Ich aufgeht. Und das Ich in der Sprache. Und die Sprache in der Welt. Es ist eine poetische und poetologische Gleichung mit drei Variablen und einem stets aufs Neue zu benennenden Rest,“ heißt es in der Begründung der Jury, zu der neben der langjährigen Lebensgefährtin Ernst Jandls, Friederike Mayröcker, auch Paul Jandl, Alfred Kolleritsch, Thomas Poiss und Klaus Reichert gehören.
Der in Wien geborene Franz Josef Czernin arbeitet seit 1978 als freier Schriftsteller und publiziert Gedichte, Prosa, Theaterstücke, Essays und Aphorismen. Der Literat erhielt für seine Werke bereits unzählige Preise, unter anderem den H. C.-Artmann-Preis, Literaturpreise der Städte Graz, Wien und des Landes Steiermark sowie den Österreichischen Staatspreis für Literaturkritik.
Der diesjährige Preisträger wird heute im Rahmen des Lyrikfestivals mit Thomas Eder, Wolfram Pichler und Klaus Reichert das Thema „Poesie und Erkenntnis“ diskutieren. Das Gespräch findet ab 11 Uhr im Festsaal der Gemeinde im Neuberger Stift statt. Die Veranstaltungen im Rahmen der Lyriktage sind öffentlich zugänglich und der Eintritt ist frei.
Der Ernst-Jandl-Preis für Lyrik wurde zum Gedenken an den am 9. Juni 2000 verstorbenen Autor und Dichter Ernst Jandl initiiert und wird seit dem Jahr 2001 im Zwei-Jahres-Rhythmus für hervorragende Leistungen auf dem Gebiet der deutschsprachigen Lyrik vergeben. Der Preis ist mit 15.000 Euro dotiert. Bisherige Preisträger sind Thomas Kling (2001), Felix Philipp Ingold (2003), Michael Donhauser (2005), Paul Wühr (2007), Ferdinand Schmatz (2009), Peter Waterhouse (2011), Elke Erb (2013) und Franz Josef Czernin (2015).
Weitere Informationen unter:
http://www.kunstkultur.bka.gv.at/site/8101/default.aspx#a1
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