121. Peter-Huchel-Preis.de

Es war eine Großtat für die Lyrik, die in Deutschland seit je an den Rändern des Literaturbetriebs angesiedelt ist. Der Huchel-Preis wurde schnell zur Institution – und die Zuerkennung so etwas wie ein Ritterschlag für die Angehörigen dieser Zunft; der eigentlichen Königsdisziplin unter den literarischen Genres. Die siebenköpfige Jury, deren Aufgabe es ist, den – so hat es die Satzung festgelegt – besten Lyrikband des Jahres zu küren, galt und gilt als hoch mögendes Gremium, in dem auf höchstem Niveau über dichterische Texte und ihre Poetologie verhandelt wird.

Die Liste der Preisträger liest sich wie ein Who is Who der deutschsprachigen Lyrik: Fast niemand von Rang unter den zeitgenössischen Dichtern zwischen Flensburg und Südtirol fehlt. Die wenigsten unter den Preisträgern sind danach in Vergessenheit geraten: Große Namen wie Friederike Mayröcker, Ernst Jandl, Adolf Endler, Wolfgang Hilbig und der zu früh gestorbene unvergessene Thomas Kling werden begleitet von Entdeckungen wie Uljana Wolf – die es als bisher einzige geschafft hat, für ihren Debütband ausgezeichnet zu werden – oder Nora Bossong. Dass in den vergangenen Jahren Lyriker der jungen bis mittleren Generation viele Preisträger stellten, kann als Indiz dafür gelten, dass die Lyrik seit einem guten Jahrzehnt einen kaum geahnten Aufschwung genommen hat.

Selten gab es so viele vielversprechende Talente wie in diesen Tagen – und deshalb kommt der Beitrag des SWR zum 30-jährigen Bestehen des Huchel-Preises im richtigen Augenblick. Keine Festschrift, wie sie Wolfgang Heidenreich zu 20 Jahren Huchel-Preis herausgebracht hat, sondern ein Internet-Auftritt: das SWR-Archiv der Preisträgergedichte, der Lob- und der Dankreden wird online präsentiert; ab dem 3. April, Geburtstag Huchels und Tag der Preisverleihung, ist es im Netz verfügbar. Gefördert mit Mitteln aus dem Innovationsfonds des Landes und begleitet von der Arbeitsstelle für die literarischen Gedenkstätten in Baden-Württemberg, zeichnet der neue Huchel-Jury-Vorsitzende und SWR-Redakteur Werner Witt für die Inhalte der neuen Homepage verantwortlich: Er hat die komplette Serie der bisher 29 Verleihungszeremonien akustisch verfügbar gemacht.

Das digitale Huchel-Archiv ist in dezentem Grün gehalten, übersichtlich und klar gestaltet. Man findet sich sofort zurecht – und braucht nur noch ins akustische Erleben einzusteigen: Bei Lyrik, die sich erst vollendet, wenn sie im Verlautbaren sinnlich wahrnehmbare Gestalt annimmt, ist das ein unschätzbarer Vorteil. Auch Reden wollen in der Regel lieber vernommen als gelesen werden. Und so trägt dieses sehr besondere Archiv ungemein zur Verlebendigung der zeitgenössischen Dichtung und zum Wachhalten ihres Gedächtnisses bei.

Immer schon wollte man Thomas Klings legendäre Performance (mit dem Schlagzeuger Frank Köllges) wieder hören oder den Klangzauberer Oswald Egger: Jetzt ist es möglich. Wie schön. Und das Portal soll sich in die Gegenwart hinein weiterentwickeln. Mag sein, dass es zur Plattform für die zeitgenössische Lyrik wird. Man wird sehen. / Bettina Schulte, Badische Zeitung

1 Comments on “121. Peter-Huchel-Preis.de

  1. zur Geschichte des Huchel-Preises gehört, daß die Jury in drei Fällen neben den Preisträgern eine lobende Erwähnung für die Erstveröffentlichung eines weiteren Autoren ausgesprochen hat und diese jeweils in Preisverleihung wie Dokumentation im Elster-Verlag involviert waren.
    1985 betraf dies Peter Waterhouse, 1986 Walter Gröner und 1990 Jayne-Ann Igel.

    Like

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..