Kategorie: Israel

Allein

Allein mit meinen ketzerischen Grübeleien
allein mit der ungelösten Arithmetik meiner Liebe
allein mit der verstrickten Erbschaft meiner toten Väter
allein mit Jerusalem in der Fremde
allein mit dem Mittelmeer das Gott ist
allein mit der Wüste die Gott ist

Tauben sprechen Jiddisch

Tauben sprechen Jiddisch, 
so hörte ich es immer wieder.
Versonnen
schicken sie die Wörter 
auf die Erde nieder.

Drei Gedichte

Die Worte bestimmen nicht
die Bahn des Kometen
nicht das Lied
Gib der Nacht
was der Nacht ist

Vita Kafkas

Kafka arbeitete nebenher als Filmkritiker für deutsche Emigrantenzeitungen und veröffentlichte 1939 – fünf Tage vor Kriegsausbruch – sein Hauptwerk, den mehr als achthundert Seiten zählenden Roman „Das Schloss“ in dem kleinen Tel Aviver Verlag Salman Schocken.


Höchste Gefahr

Die Hamas schoss ihnen ins Gesicht.
Der Staat schoss ihnen in den Rücken.

Es erwies sich, dass es keiner Gruben bedarf
wie in Ponary oder in Babyn Jar.
Auch auf offener Ebene kann man Juden ermorden.
Sogar ohne sie auszuziehen.
Ohnehin sind sie halb nackt.

Hannah Senesch

Mein Gott, dass niemals ende
der Sand und das Meer
das Rauschen des Wassers,
das Licht des Himmels,
das Gebet des Menschen.

Schutzraum

Jetzt wo rundherum Tod kriecht
und Pekannüsse sich in ihre Schalen drücken
verstecke ich mich im Hebräischen.
Nichts wird mir geschehen beim arglosen Schreiben
nichts wird mir geschehen

Jehuda Amichai (1924 – 2000)

Man amputierte
deine Schenkel von meinen Hüften.

Krieg

Ich töte nicht in wildem Haß,
doch schieß ich nicht daneben:
deckt dich die kalte Erde zu,
vielleicht bleib ich am Leben
#ManfredWinkler

Jeden Tag sterben

JEDEN TAG STERBEN jetzt jene die einst auferstanden
Sie sterben normal wie alle an Alter
Schlaganfall Herzinfarkt Zucker Verbitterung Krebs
Sie sterben in sauberen Betten mit angelegtem Tropf
#IritAmiel

Tuvia Rübner 100

Ich bin da um zu sagen

dieser Weg ist kein Weg
vom Wald, vom Sandberg her
gehe ich, dort, wer geht? ging
ich in der Sonne des Untergangs
mit erfragenden Händen
Schritt für Schritt
das Gesicht meines Vaters
das Gesicht meiner Mutter.

Zwei Tränen

Hadasa Rubin ist eine jiddische Dichterin aus einer Gegend, die nacheinander zu Russland, Polen und der Ukraine gehörte. Sie wurde 1911 oder 1912* in Jampol bei Krzemieniec (Russisches Reich, heute Jampil, Ukraine) in einer jüdischen Familie geboren. 1921 zog die Familie nach Zbarazh (Galizien,… Continue Reading „Zwei Tränen“

Touristen

Also Beileidsbesuche veranstalten sie hier bei uns
#JehudaAmichai יְהוּדָהעַמִּיחַי#

Nichts wird mir geschehen

lasse mir alles geschehen
Schönheit und Schrecken
ohne zu denken
daß sie endgültig sind

Klagen für die Gefallenen

Erscheinungsjahr: 1913, Deutschland,
am Vorabend des Krieges, der Vorabend meiner Kriege war.
Mein guter Freund, der in meinen Armen starb,
in seinem Blut, am Strand von Ashdod im Juni 1948.
#JehudaAmichai יְהוּדָהעַמִּיחַי#