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Veröffentlicht am 10. November 2020 von lyrikzeitung
Werner Söllner
(* 10. November 1951 in Horia, Rumänien; † 19. Juli 2019 in Frankfurt am Main)
Was bleibt
Das Haus der Welt ist schlecht gebaut,
ich sitze krumm und schief darin.
Ach Sprache, meine stumme Braut,
sag mir, wo ich zuhause bin.
Hier steht ein Bett, ein Stuhl, ein Tisch,
da ist noch Brot und dort ist Wein.
Was bleibt? Versteinertes Gemisch
aus Sätzen vom Lebendigsein.
Der Sinn der Wörter ist die Haut,
die langsam auseinanderfällt.
Ach Sprache, meine stumme Braut –
das Aug weint, was die Silbe hält.
Aus: Werner Söllner, Der Schlaf des Trommlers. Gedichte. Zürich: Ammann, 1992 (2. Aufl.), S. 78
Kategorie: Deutsch, DeutschlandSchlagworte: Werner Söllner
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