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Zu diesem Zeitpunkt hat Petra Morsbach schon eine Episode aus ihrem neuen Roman „Dichterliebe“ gelesen – und das gespannte Publikum weiß schon, dass sie selbst es war, die wie die weibliche Hauptfigur Sidonie während eines Stipendienaufenthalts in einem Literaturhaus auf eine Truppe vormaliger DDR-Lyriker stieß. Diese beklagen jetzt, ein paar Jahre nach der Wende, allesamt wortreich ihr Schicksal.
Nicht nur, weil sie ihre Nischengesellschafts-Themen verloren haben, sondern auch, weil ihre durch den vormaligen Schriftstellerverband gesicherte Existenz flöten ging. Und: Petra Morsbach hat auch schon erzählt, dass sie den Protagonisten ihres Romans, dass sie die Figur des Henry Steiger, einem real existierenden Vorbild nachmodelliert habe. Und dass sie dabei, wie in einem Kaleidoskop oder einem Puzzle, Fakten und Fiktion miteinander verwirbelt habe. Während Thomas Geiger also ihre Bitte um Denkpause noch mit einem ironischen „Pardon“ repliziert, da antwortet die Autorin schon: Dass das einzige Kriterium, das sie für sich gelten ließe, sei: Ob das, was sie zu erzählen habe, interessant ist. Und zwar: Ob sie selbst sich dafür interessiere, was sie da aufzuschreiben habe. Und dass sie natürlich ungeheuer viel gelesen und zusammengetragen habe. Und dass sie natürlich als Epikerin einen großen Abstand empfinde, wenn sie über Lyriker schreibe. Aber: Ihr Ziel sei es gewesen, der untergegangenen DDR-Lyrik ein Denkmal zu errichten.
(…) Denn tatsächlich hat Petra Morsbach, die im vergangenen Herbst mit dem Jean-Paul-Preis des Freistaats Bayern ausgezeichnet wurde, der Lyrik des vor einem Vierteljahrhundert untergegangenen Landes, die von ihr als so „existenziell“ empfunden wird (im Gegensatz zur „artistischen“ Poesie der alten Bundesrepublik) ein Monument errichtet. / Peter Geiger, Oberpfalznetz
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