Das Archiv der Lyriknachrichten | Seit 2001 | News that stays news
Als Leit-Lautung fiepte und kicherte ein Lachen Rabelaisscher und Chlebnikowscher Abkunft, das sich in scharfen Endreimschlägen und schrillen Lautballungen zum Hohnlachen steigerte und Grotesken hervortrieb. All dies wurde in der Lyrik zusammengestichelt in Reimketten, vernäht mit Polemikspitzen und intertextuellen Fäden zu Nahverwandten wie Paul Gurk, Kurt Schwitters oder Günter Bruno Fuchs.
Ende der 70er Jahre radikalisierte Endler dieses poetologische Prinzip noch einmal, das er fortan als „phantasmagorisch“ apostrophierte: waghalsige Balanceakte ins Ungesicherte, die in der Fallhöhe zum Plafond ehemaliger Hoffnungen ebenso wie zum Fond der Dichtungstradition das hervortrieben, was Bataille das „obszöne Werk“ nannte. „endlich kippt das alles kreischend ins Wüste und Kaputte um und sticht zerbeult sternenwärts“, brachte es Endler auf den Punkt. Seine 1994 unter dem Titel Tarzan im Prenzlauer Berg veröffentlichten Sudelblätter der Jahre 1981 – 1983 zeichneten als Erfahrungsgrund den als surreal wahrgenommenen Alltag im zerfallenden Staatsgebilde DDR nach. Diesem Leben war nur noch in Steigerungsformen des „Schwarzen Humors“ beizukommen war.
Endler verfeinerte nun Textformen, die sich optimal in Wohnungslesungen darbieten bzw. in der entstehenden nichtoffiziellen Zeitschriftenszene in Umlauf setzen ließen: Es entstand über die Jahre ein einzigartiges Flechtwerk von Short-stories, Anekdoten, Zeitungsausrissen, Hinterhofdialogen, Ideologie-„Kaderwelsch“, Romanexposés und Dramoletten mit verschiedenen Spaltungsfiguren wie Bobbi Bumke Bergermann, Robert F. Kellerman, Bubi Blazezak und einer Fülle von Anagrammen seines eigenen Namens, das als kapriziös-karnevaleskes „Nebbich“-Projekt selbst mythenträchtig wurde. Wiewohl es nach 1990 nach und nach zugänglich wurde, hat der unkorrumpierbare Endler in seiner Schrägsicht von außen-unten, unermüdlich weiterschreibend, die schöne neue Welt als Hypostasierung des Erlebten begriffen und in gültige Verse gebannt. / Peter Geist, Freitag
Mehr: Kritische Ausgabe / Basler Zeitung /
Neueste Kommentare