59. Offener Brief

Offener Antwortbrief an Stefan Weidle und die Kurt-Wolff-Stiftung

Urs Engeler | 12. September 2011

Lieber Stefan

Heute hat mich Deine E-Mail erreicht, die ich hier, weil sie mir eine Sache von öffentlichem Interesse zu betreffen scheint, wiederholen und beantworten will:

„Lieber Urs, wir hatten uns bei der Kalkulation des neuen Katalogs der Stiftung vertan und mußten einen Verlag rausnehmen. Leider hat es Dich getroffen. Der Grund ist, daß wir doch einige feste Bedingungen setzen: Die Bücher müssen eine ISBN haben und der Verlag eine Auslieferung. Und die Bücher müssen der Preisbindung unterliegen. Alle Kriterien erfüllen Deine Bücher nun nicht. Außerdem scheint Roughbooks ein Schweizer Verlag zu sein (auf Deiner Website fehlt das Impressum!). Deshalb mußten wir, als es darum ging, einen Verlag zu streichen, aus formalen Gründen den Deinen wählen. – Sehen wir uns denn in Frankfurt? Herzlich, Dein Stefan“

Nicht, dass ich wirklich enttäuscht bin, nicht im „Katalog der Stiftung“ zu stehen. Ich fand die formalen Vorgaben, denen man sich zu beugen hat, immer schon sehr beengend und das Resultat entsprechend uninspiriert. Sehr zweifelhaft scheint mir überdies Reichweite und Wirksamkeit der Broschüre. Ich bin also nicht gegen den Ausschluss. Ich finde sogar, er trifft in mir, der dem Bemühenden solcher Veranstaltungen immer fern und ferner steht, den richtigen.

Peinlich überrascht bin ich aber von Deinen Gründen: keine ISBN, keine Auslieferung, keine Buchpreisbindung, und dann auch noch Schweizer!

Eine E-Mail von Dir als Vorsitzendem des Vorstandes der Kurt-Wolff-Stiftung in der Sache „es geht um das Buch“ des Inhalts: Wir beginnen an der Wirksamkeit unserer Publikation  zu zweifeln, und wir würden uns deshalb mit Dir als einem Verleger, der nach neuen Wegen und Ideen sucht, gerne über andere Möglichkeiten unterhalten – eine solche mail hätte ich produktiver gefunden.

Es könnte der Stolz der Kurt-Wolff-Stiftung sein, dass sie Verleger auszeichnet und fördert, die in schwieriger Lage (in denen sich wohl fast alle Bücher und ihre Macher und Verkäufer befinden) Neues, auch Ungewohntes und Unübliches, versuchen. Es müsste Teil der Arbeit der Kurt-Wolff-Stiftung sein, die Erfahrungen mit diesen neuen Wegen und Ideen auszuwerten und Interessierten zu vermitteln. Es geht schliesslich um das Buch.

Aber offenbar geht es eher um den Börsenverein des deutschen Buchhandels.

Das ist sehr bedenklich.

Wenn Du mal in die buchpreisbindungsfreie Schweiz fahren willst, dann bist Du mir in Solothurn herzlich willkommen. Ich weiss, Du magst guten Wein, und ich koche gern. Dann können wir fern vom Reich des Börsenvereins über Bücher sprechen – und über das, worum es geht.

Mit herzlichem Gruß
Urs

2 Comments on “59. Offener Brief

  1. Ich hab gerade den Trakl-Band aus der Reihe „Der jüngste Tag“ in der Hand… hat auch keine ISBN.

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  2. Es ist schon seltsam (oder gar borniert?), wie hier ein renommierter Kleinverleger, der seinen eigenen Weg in der Verlagslandschaft geht, mit dem Hinweis auf feste Bedingungen ausmanövriert wird. Was soll diese Prinzipienreiterei, wo es doch um das (gute) Buch geht? Und gute Bücher gibt es auch weiterhin bei Urs Engeler. Ich erlaube mir an dieser Stelle ein Klischee: Typisch deutsch, dieses starre Festhalten an Prinzipien. Das dürfte wohl kaum im Sinne von Kurt Wolff sein. Vielleicht hat ja auch der Börsenverein des deutschen Buchhandels seinen Einfluß geltend gemacht. Oder war es vorauseilender Gehorsam bei der Ausgrenzung eines Unbotmäßigen? Wie auch immer – die ehrenwerte Kurt-Wolff-Stiftung hat mit ihrer Entscheidung, Urs Engeler die rote Karte zu zeigen, alles andere als ehrenvoll gehandelt.

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