Schlagwort: DDR-Literatur

Eigenwillig

meine Mutter sagt
ich bin das intelligenteste ihrer vier Kinder und begabt
aber ich hätte am wenigsten daraus gemacht
ich habe keinen Mann
ich habe kein Auto
ich habe keine feste Arbeit
und ich lande immer wieder bei denen, die es nie schaffen

Lesung mit Publikum und Spitzel

Ich sehe vom zimmer aus das konspirative zucken des
hintern meines kleinen narren in der zitronengelben
hose, ein schäbiger mond, der animierend über der
dunklen Straße tanzt.

Mit ’nem bißchen guten Willen geht’s schon

Der Mann trägt das Kind aus
und später noch zwei
Mit ’nem bißchen guten Willen
 geht’s schon

Echte Dankbarkeit

Bald fünfzig; und nicht länger nur Gekrächz und Poescher Rab‘ ich;
Denn eine Wohnung endlich, eine eig’ne Wohnung hab‘ ich!
Ein and’rer Kerl scheint man geworden: Vorwärtsstürmend gab ich
Mein Ehrenwort, daß künftig keinen einz’gen weiter’n Stab ich
– Auch Staates Sicherheit nie wieder untergrab‘ ich… –
Über die Heimatstadt zu brechen wagen will, Frau Zapich!

„Kohln holn – sonst wird das nix“

Kohln holn
Los raus jetz Zusammreißen Aufstehn Mann/So iss das
Leben Sonst wird das Nix/Ich reiß mich zusamm jetz,
solang biß nich mehr beisamm bin Reiß ich mich/Iss
gut/Küß mich/Mußt du immer das letzte Wort Ham/– – –

„Politik und Poesie“

Wer Ohren hat zu sehen der wird schmecken.

Ulrich Berkes (1936-2022)

Es ist dir völlig gleichgültig, ob ich dichte oder Tintenfische fange.