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Veröffentlicht am 6. Januar 2024 von lyrikzeitung
Paul Gurk
(* 26. April 1880 in Frankfurt (Oder); † 12. August 1953 in Berlin)
PENELOPE
An meinen Fingern zähl' ich ab die toten Jahre . . .
Du warst im Krieg, Odysseus. Bleichte er die Haare?
Du gingst für eine fremde Frau. Was gilt das mir?
Dein Atem raucht von Blut: ein Held, ein Tier!
Es wuchsen Jünglinge. Sie haben mich begehrt.
Das war die einz'ge Lust, die mir Dein Zug beschert!
Ich war Dir treu. Die Göttin Sitte wollt' es so.
Nur Träume sengten. Tage machten mich nicht froh.
Sie schleppen Leichen derer, die für mich gebrannt.
Nun ist Odysseus da. Er hebt die blut'ge Hand.
Er weiß Geheimstes. Mord bewies. Er ist mein Mann.
Wir hocken schweigend. Zeit zerfällt. Wir sehn uns an . . .
5. Okt. 1940
Aus: Paul Gurk (1880-1953), Gedichte 1939-1945. Eine Auswahl. Mit einem Nachwort und Anhang hrsg. von Irmgard Elsner Hunt. (Vergessene Autoren der Moderne XXIX hrsg. von Franz-Josef Weber und Karl Riha). Universität-Gesamthochschule Siegen, Siegen 1987, S. 21
Kategorie: Deutsch, DeutschlandSchlagworte: Paul Gurk
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