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Veröffentlicht am 16. April 2022 von lyrikzeitung
Sarah Kirsch
(* 16. April 1935 in Limlingerode, Kreis Nordhausen; † 5. Mai 2013 in Heide (Holstein))
Wodka trinken Braune Vögel braune Blätter sanfter Harzfluß auf der Rinde einzeln aufgewachsner Bäume deren Spitzen Sterne schmücken Alte Marmormänner recken vor dem Schloß die schönen Glieder Amseln nisteten im Schoße einer weißen Brunnendame Innen in den großen Stühlen Löwenköpfe an den Lehnen sitzen wir und trinken Wodka der den Hals zur Wildnis macht: Rote Blumentrauben fallen auf den silberweißen Fluß und die krummen Krebse graben sich bei Mondlicht in den Grund bis die Kehlen abgehärtet bis die großen Flüssigkeiten still in uns hinunterrollen und wir immer ernster werden während alle andern johlen und sich in den Armen liegen ihren Spruch von Freundschaft sagen den sie morgen nicht mehr wissen Komm wir wollen in die Kälte. In die Dunkelheit des Mondes gehn wir auf polierten Straßen die sich um die Berge biegen
Aus: Sarah Kirsch: Landaufenthalt. Gedichte. Berlin und Weimar: Aufbau, 1967, S. 70f
Kategorie: Deutsch, DeutschlandSchlagworte: Sarah Kirsch
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