Das Archiv der Lyriknachrichten | Seit 2001 | News that stays news
Franz Fühmann
(* 15.1.1922 in Rochlitz/Riesengebirge (heute Tschechien), † 8.7.1984 in Berlin)
Aber kein Kerker ... Aber kein Kerker ist härter als der in die Seele gesenkt, was sind Schlösser und Schwerter, wenn der Geist ein Bild nicht mehr denkt, sich versagt ihm, versargt es für immer in des Hirns versiegeltes Fort, keine Schauer, keine Schimmer kommen je wieder von dort. Freilich: Auch alle die Blitze und Blicke, die uns entzückt, die blanke, blendende Spitze des Witzes: sie sind entrückt mit den Plänen und Plagen, den bösen, zusammen geht es ins Grab, da ist nichts herauszulösen, alles muß hinab, das Ganze zugemauert, daß nichts mehr deutbar sei, kein Trost, keine, Trauer, die dauert, alles ist vorbei, eine Grabeszelle in der Seele, nicht Schmerz, nicht Lust, eine tote Stelle, mir schon unbewußt, schon Legende, Lüge, daß dies wäre geschehn. Keine vertrauten Züge, nichts mehr zu verstehn. Verschlossen ein Bild für immer im härtesten, festesten Fort, keine Schauer, keine Schimmer kommen je wieder von dort
Aus: Franz Fühmann: Gedichte und Nachdichtungen. Rostock: Hinstorff, 1978, S. 17
Wir wissen nichts und behaupten so viel.
Überflüssige Lyrik ist schlechter als schlechte: Diese kann noch als Lehrbeispiel dienen; nur mittelmäßige zu gar nichts mehr.
Daß dich das Gedicht betroffen macht, heißt ja nichts Andres, als daß es dir sich öffnet, allein dies Sich-Öffnende weist ins Dunkel, und das erscheint als verschlossenes Tor.
Nicht das Schwierige wird verlangt, sondern das Unmögliche, das zugleich das Selbstverständliche ist.
Umgang mit Schäbigem kann zurückwirken; dann entsteht schäbige Poesie.
Neueste Kommentare