Leseecke ist eine Rubrik, die sich langsam, Stück für Stück der digitalen Veröffentlichung aller 154 Sonette Shakespeares in Günter Plessows Übersetzung und dem Originaltext (im Jubiläumsjahr 2016 bei Signaturen) anschließt und hier Leseecke und Forum zur Diskussion über die Sonette und / oder Übersetzungen sein kann. Jedenfalls ich werde an 154 Tagen (mit Zwischenraum, um durchzuschaun) mir jeweils eins der Sonette vornehmen und hier den Originaltext und zusätzliches Material anbieten. Einladung zum Pendeln von Shakespeare zu Plessow und zurück (wenns sein muß auf Umwegen über Schlegel/Tieck, Bodenstedt, George, Kraus & Co). (Die Zahl neben dem Wort Leseecke ist die Nummer des Shakespearesonetts). Zur Originalschreibweise: u / v und i / j sind fast regellos austauschbar, liue lies live, ioy lies joy.
Sonette 15-21 bei Signaturen hier
Bisherige Folgen der Leseecke hier.
21
SO is it not with me as with that Muse,
Stird by a painted beauty to his verse,
Who heauen it selfe for ornament doth vse,
And euery faire with his faire doth reherse,
Making a coopelment of proud compare
With Sunne and Moone, with earth and seas rich gems:
With Aprills first borne flowers and all things rare,
That heauens ayre in this huge rondure hems,
O let me true in loue but truly write,
And then beleeue me, my loue is as faire,
As any mothers childe, though not so bright
As those gould candells fixt in heauens ayer:
Let them say more that like of heare-say well,
I will not prayse that purpose not to sell.
Einige Anmerkungen zum Text:
1 that Muse jener Dichter (mit mir verhält es sich anders als mit jenem Dichter)
2 Stird stirred, inspiriert, stimuliert painted beauty a) übermäßig geschminkte Schönheit b) zweitrangige Darstellung
4 reherse rehearse, aufsagen, wiederholen, vielleicht: vergleichen
5 coopelment couplement, „Verkupplung“. Kann sich auch auf den Akt des Vergleichens (mit Sonne, Mond etc.) beziehen. Gildon 1710 schlägt vor: Complement Ergänzung, Vervollständigung
8 rondure Rund, hier: Erdenrund hems säumt, umrandet
10 ayer air
14 „ich will (dich) nicht anpreisen, weil ich dich nicht verkaufen will“
Deutsche Fassung von Max Josef Wolff:
Nicht jener Muse gleichet mein Gedicht, Die aufgeschminkte Reize nur entflammen, Die, sich zu putzen, von dem Himmel spricht Und alle Erdenschönheit trägt zusammen, Um sich in prunkendem Vergleich zu paaren Mit Sonne, Mond, dem Schatz der See, der Welt, Dem jungen Lenz und allem Wunderbaren, Das sich gestaltet unterm Himmelszelt. Nein, wahr, wie ich empfinde, will ich singen, Und schöner, glaubt mir, ist kein Erdenkind Als meine Liebe, wenn auf Ätherschwingen Die goldnen Leuchten auch noch schöner sind! Laß andre schwatzen, mehr will ich nicht sagen, Ich will die Liebe nicht zu Markte tragen.
Quellen
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