Das Archiv der Lyriknachrichten | Seit 2001 | News that stays news
Veröffentlicht am 24. Juli 2002 von rekalisch
Unter D findet sich „Dummheit des Westens“, für die Polen offenbar ein lexikonfähiger Begriff. „Jalta hat mehrere Ursachen gehabt“, liest man dort, „aber der wichtigste Beweggrund war der, dass man eine Entscheidung für die leeren und für den Zivilisationsprozess unwichtigen Länder fällen wollte“ – im Westen für den Osten, heißt das.
Da fügt es sich im Zufall der deutschen Übersetzung überaus sinnig, dass der erste Artikel „Adam und Eva“ heißt, der letzte jedoch „Zentrum und Peripherie“ – und die Peripherie, daran lässt Milosz keinen Zweifel, sind jene Länder Europas, die in der fast neunzigjährigen Lebenszeit des Autors die Geringschätzung der Anderen als Tod und Elend zu spüren bekamen. So scheint es zum Schluss fast doch, als hätte das Alphabet eine Tendenz: vom Paradies führt es zum „Anus Mundi“ (auch dies ein Stichwort), dem Arsch der Welt, Polen 1941, das Jahr, wie Milosz zitiert, „in dem Gott abgetreten“ ist. / BURKHARD MÜLLER, Süddeutsche 24.7.02
CZESLAW MILOSZ: Mein ABC. Von Adam und Eva bis zu Zentrum und Peripherie. Aus dem Polnischen von Doreen Daume. Carl Hanser Verlag, München 2002. 180 Seiten, 15,90 Euro.
Kategorie: Polen, PolnischSchlagworte: Burkhard Müller, Czesław Miłosz
Kann zu diesem Blog derzeit keine Informationen laden.
Neueste Kommentare