Liebeselend

Ich fange gleich mal mit dem Kalender an. Heute vor 251 Jahren starb Alexis Piron. Ein französischer Dichter, der seine Stelle als Anwalt in der Provinz wegen eines Gedichts verlor. Naja – wegen eines pornographischen Gedichts. Er ging nach Paris, befreundete sich mit Diderot und Lesage, wurde von Voltaire gelobt und von Rameau vertont, aber als er Mitglied der Akademie werden sollte, erinnerten sich die Pfaffen an seine Jugendsünde und erwirkten beim König ein Veto. Im Alter schrieb er dafür geistliche Lyrik, auch gut.

Die „Ode à Priape“ wurde von „keinem Geringeren“ als dem Homerübersetzer Johann Heinrich Voß verdeutscht („An Priap“). Die Texte finden sich im WWW. Hier ein weniger priapisch denn anakreontisches Gedicht.

Alexis Piron

(* 9. Juli 1689 in Dijon; † 21. Januar 1773 in Paris)

LIEBESNÖTE

Wie lächerlich und dumm der Mann ist,
Kommt plötzlich ihn die Liebe an!
Erst fühlt er Bangen und verstellt sich
Und fängt dann lang zu seufzen an.

Wagt er's, sich endlich zu erklären,
Schmollt man und will die Spröde sein:
Tut nichts! Man möcht beharrlich bleiben,
O Sorge, Sehnsuchtsschmerz und Pein!

Sie liebt ihn: Doppelt schwere Kette!
Wie viel drängt uns vom Glück doch weg:
Zerwürfnis, Stimmungswechsel, Vater
Und Mutter, Gatte – welch ein Schreck.

Ist's alles? Nein, es bleibt die Würde,
Die Würde, Gegner aller Lust,
Man glaubt zu siegen, ist Besiegter,
Entzweit sich und versöhnt sich just.

Naht ein Rival, o neue Bürde!
Der Schlaf flieht unser Aug', man wacht
Vor Eifersucht, ist unstet immer,
Hat Unruh nur bei Tag und Nacht.

Ist's dann genug des Schrein's und Tobens,
Beschließt ein Kuß, was da sich tat:
Das Feuer lischt, bald hast du's über;
War denn die Wiese wert die Mahd?

Aus dem Französischen von Max Rieple, aus: Lilie und Lorbeer. Französische Dichtng des 15. bis 18. Jahrhunderts. Übertragungen von Max Rieple. Freiburg i. Br.: Hermann Klemm, o.J. (1958), S. 141ff

LES MISÈRES DE L'AMOUR 

QUE l'homme est sot et ridicule,
Quand l'amour vient s'en emparer!
D'abord il craint, il dissimule,
Ne fait longtemps que soupirer.

S'il ose enfin se déclarer,
On s'irrite, on fait l'inhumaine :
N'importe, il veut persévérer;
Que de soins, d'ennuis et de peine!

On l'aime : tant pis! double chaîne.
Mille embarras dans son bonheur.
Contretemps, humeur incertaine,
Père, mère, époux, tout fait peur.

Est-ce tout? Non : reste l'honneur,
L'honneur du plaisir l'antipode.
On veut le vaincre, il est vainqueur :
On se brouille, on se raccommode.

Vient un rival : autre incommode.
Loin des yeux le sommeil s'enfuit;
Jaloux, on veille, on tourne, on rôde;
Ce n'est qu'alarmes jour et nuit

Après bien des mots et du bruit.
Un baiser finit l'aventure :
Le feu s'éteint, le dégoût suit;
Le pré valoit-il la fauchure?

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..