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Veröffentlicht am 18. Oktober 2019 von lyrikzeitung
Yitzhak Laor
(יצחק לאור)
(* 11. April 1948 in Pardes Hanna-Karkur, Bezirk Haifa)
Dichten
Der Tote starb im Sommer und das Gedicht
entstand im Winter und auch Frühling
und Herbst zogen vorüber mehr als einmal
doch ich schreib es wieder
und wieder: Der Tote starb im Sommer
und das Gedicht entstand im Winter.
Ich schreib Gedichte um
nicht zunichte zu werden
und was tu ich wenn ich nicht schreib
und wie kommt es dass ich nicht zunichte werd
trotz alledem? Vielleicht weil
Dichten eine Art Gehen und Stehnbleiben ist
(Manchmal wart ich auf den Bus
an der Haltestelle und wenn er nicht kommt ergreift mich
Unruhe und ich geh bis zur nächsten Station
warte wieder, gehe
wieder, bleib stehn, verpasse, verspäte mich
langsam, eilig) Ich schreibe weil ich
zunichte werde, bin an jenen Punkten Dichter
an denen ich nicht schreibe, nicht gehe
nicht einmal sitze. Wo im großen Raum
ist der Punkt an dem ich (mich
nicht zunichte werdend denke, schreibe, dichte)
Aus: Aus: Yitzhak Laor, Auf dieser Erde, die in Schönheit gehüllt ist und Wörtern misstraut. Aus dem Hebräischen von Anne Birkenhauer. Berlin: Matthes & Seitz, 2018, S. 105
Kategorie: Hebräisch, IsraelSchlagworte: Anne Birkenhauer, Yitzhak Laor
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