90. Immer im Untergrund

Die Welt: Warum erscheinen heute so wenige Gedichtbände?*

Ondaatje: Es werden auch viele gute Romane nicht veröffentlicht. Die Verlagsindustrie will bloß den nächsten Dan-Brown-Roman. Viele Verlage werden von Leuten geleitet, die vor allem Börsenmakler sind.

Die Welt: Ist die Lyrik schon im Untergrund angekommen?

Ondaatje: Sie war immer im Untergrund. Alexander Pope hatte zu Lebzeiten ein Publikum von zweihundert Leuten. So gesehen, steht es um die Lyrik gar nicht schlecht. Es gibt ein Publikum. Es gibt Verlage, die Lyrik drucken. Man muss nur den richtigen finden. Wenn es zwei oder drei Verlage in einem Land gibt, ist das gut. Wenn nicht, muss man selbst einen gründen.

Die Fragen stellte Wieland Freund, Die Welt

*) Gegenfrage M.G.: Wie viele haben Sie denn gelesen?

3 Comments on “90. Immer im Untergrund

  1. „Wenn nicht, muss man selbst einen gründen.“

    Warum einen? Warum immer die kleine Zahl. Als ich jung war, im Land DDR, sagte mir der kanadische Schriftsteller Jack Winter: „Die DDR will immer von allem nur einen Vertreter haben.“ Ich antwortete spontan: „Yes, and I know why.“
    Imzwischen sehe ich, daß es in der BRD praktisch genauso ist. Der Betrieb hält auf Frontbegradigung.

    Aber sie schaffen es auch nicht. Schafft ein, zwei, viele Verlage!

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  2. ein skurriles interview, wirklich: teilweise ja gar nicht schlecht gedacht, aber wie von aussen romantisch betrachtetet, ohne das brutale innenwissen (es werden TÄGLICH die BESTEN gedichtbände privat publiziert!!!), was eigentlich in echt abgeht, und vorallem: wie!!! ich erlaube mir ein aktuelles beispiel in der rolle als verleger: seit vorgestern steht es fest: die 13.nahbellpreisträgerin 2012 heißt PATRICIA HEMPEL !!! sie nannte sich als 15-jährige „Orelie Octobre“ und wurde damals im tacheles-literatursalon von mir promotet, inzwischen ist sie „erwachsen“ geworden und schreibt bitterböse megakurze „ANTILIEBE“-gedichte, die unter eben diesem titel demnäxt in der G&GN-edition naHbell als preview erscheinen. patricia und ich wohnten vorgestern der lesung von HADAYATULLAH HÜBSCH in der malena bar bei, er ist näxtes jahr der 12.nahbeller 😉 und meine persönliche meinung zur historischen autodekonstruktion des sogenannten „undergrounds“ liest sich in meiner eigenen preisrede vom 21.6.2000: http://www.nahbell.de – alaaaaaaf!!!! helauuuuuu! gruß aus New Cologne – FUCK SUHRKRAMPF!!!

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