67. Nora Iuga im Lyrik Kabinett

Die Dichterin Nora Iuga ist eine trotzige Träumerin, darin mag das Geheimnis ihrer Jugendlichkeit liegen. Im Wunschtraum wie im Nachtmahr hält sich alles frisch. „Wann werden wir schlafende Logiker, schlafende Philosophen haben“, hatte André Breton 1924 in seinem ersten surrealistischen Manifest gefordert. Es waren Rumänen wie Eugène Ionesco oder der Lyriker Gellu Naum, die sich als Bretons gelehrigste Schüler erwiesen. In einem Land, das jahrzehntelang absurde politische Zustände zu ertragen hatte, bewahrten unbelehrbare Individualisten wie Nora Iuga den „rumänischen Traum“: „Du, Vergrabene, rief da Gellu Naum / und stopfte mir eine Handvoll Blätter in den Rachen / welch grüne Agonie, stell dir doch vor / ja, stell dir vor, welch eine grüne Agonie“, heißt es in ihrem Gedicht „Au Ralenti“ aus dem Zyklus „Die Nachtdaktylographin“.

Die 1931 in Bukarest geborene Lyrikerin, Mentorin junger Talente und vor Energie übersprudelnde Hutliebhaberin, ist seit Jahrzehnten eine vielverehrte Größe im kulturellen Leben ihres Landes. Außerdem hat sich die Germanistin als Übersetzerin aus dem Deutschen, etwa von Herta Müller, Elfriede Jelinek oder Günter Grass“ „Die Blechtrommel“, große Verdienste erworben. Vor zwei Jahren wurde Nora Iugas poetisches Werk endlich auch dem hiesigen Publikum in allen Facetten vorgestellt, mit dem Sammelband „Gefährliche Launen“ (Klett-Cotta-Verlag). Der Rumäniendeutsche Ernest Wichner, Leiter des Literaturhauses Berlin, übertrug die „Capricii periculoase“ in ein wunderbar geschmeidiges Deutsch. / KATRIN HILLGRUBER, SZ 22.7.

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