Zucker

Bei Fixpoetry gibt ein Thomas Reger seinem Affen Zucker, schießt sich auf die Lyrik im Allgemeinen und Tobias Roth im Speziellen ein und bezieht sich dabei auf seinen Meister Arno Schmidt (der selber Auchgedichte schrieb, aber von Lyrik nicht viel hielt). Daß St. Arno den Reim für die gedankenvergewaltigende Richtung des Dichtens verantwortlich macht, während er „sogenannte freie Verse“ für nichts als „schlampiges Sprechen“ hält, ficht ihn* dabei nicht an. Auszug:

Dass diese Lyrik ein gesellschaftlich völlig irrelevantes, akademisch überzüchtetes und verteufelt routiniert feilgebotenes Gerede ist, mithin unverständlich, leblos, leer, das wird man da nicht hören – wo sich die happy few zusammensetzen, um Einwände an sich abperlen zu lassen. Aber der Leser ist ihnen wichtig und groß. Implikation, Assoziation, Rätsel, Verdichtung, Leerstelle – all das ist ein Dienst am Leser, um ihn nicht festzulegen, um ihm das freie Spiel zu lassen. Will man dem Leser nun etwas vorsetzen oder nicht? Wenn er sich selbst bespiegeln soll, was soll ihm das neue Gedicht? Man schreibt so dahin – und verkauft es als Lesers Freiheit, dass der Leser die ganze Arbeit machen muss, wenn er nur etwas begreifen will. Das Gedicht sei frei und offen, frei von allen Zwecken, offen für alle Deutungen, aber was soll es dann? Wieso geht das Gedicht dann nicht in die Einsiedelei, wo Freiheit ist, anstatt auf Bühnen und in Bücher? Indessen diese Form des privatistischen Assoziierens, das kein Mensch nachvollziehen kann (ausgenommen, er will sich fein schöngeistig als Lyrikkenner rausputzen, dann muss er natürlich hinterher), das kommt mir schon seit Jahrzehnten bekannt vor. Es tritt auf der Stelle und die Fanfare der Zeitgenossenschaft hört nicht auf. Wie selig sind dagegen die exakten Wissenschaften, in denen das neue Messergebnis das alte Messergebnis ablöst, ohne viel Tamtam. Das hat Funktion für die Gesellschaft. Lyrik wird gepriesen als kurze, konzise, präzise Form des Sprechens. Was? Ich hörte den ganzen Abend sogenannte freie Verse, was ja nichts anderes heißt als schlampige Zeilen. Auch bemerkenswert fand ich, dass so viele Lyriker hintereinander lasen, obwohl sie offenbar nichts miteinander gemein hatten, als die Unfähigkeit, allein eine Ansage zu machen und allein einen Abend zu füllen.

*) einige vermuten eine „sie“ hinter dem Namen, siehe die Diskussion unter dem Artikel

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