116. Haufs’sches Paradox

Seine Gedichte werden zunehmend durchsichtig und transzendent gemacht für existentielle Vergeblichkeitserfahrungen. „Du kannst … in deinem Leben so viele Erfahrungen machen wie du willst“, lässt sein Freund Christoph Buchwald ihn in einem fiktiven Interview sagen, „letzten Endes weißt du gar nichts, nothing, null, nada, du strampelst wie ein Käfer im Marmeladeneimer und versuchst irgendwie nochmal hochzukommen, … , aber je mehr du strampelst, desto tiefer kommst du in die Marmelade.“

Dieses ironische sogenannte „Haufs’sche Paradox“ zwischen der lebenslangen und lebensnotwendigen Bemühung und der unendlichen Vergeblichkeit dieser Bemühung trifft genau sein dichterisches Verfahren und die Grundstimmung seines Werkes: „In Stücken finden wir zur Poesie / Und heben alles auf was stürzt im freien Fall“, heißt es auf dem Rückumschlag des Gedichtbandes „Allerweltsfieber“ (1990).

Daraus ergeben sich allenfalls präzise Einzelbeobachtungen, aber keine kühnen Weltentwürfe, keine großen Gefühle, festen Überzeugungen und weitgesteckten Hoffnungen und Pläne, auch keine Botschaften. Reduzierung, Desillusionierung ist das Programm. „Wir hören Musik / Schon sind wir taub. Wir lieben / Schon töten wir“. Die pointierte, unerbittliche Genauigkeit der Beobachtung verbindet sich mit einer unaufdringlichen, aber meisterhaft praktizierten Kunstfertigkeit.

Die Themen von Haufs’ Gedichten werden (frei nach Walter Höllerer) immer gleichgültiger, die ganze Aufmerksamkeit des Autors gilt der Spracharbeit; die Texte verwenden verstärkt eine melancholisch grundierte, sehr variationsreiche Sprache. Ironische, spöttische, sarkastische, zynische Töne nehmen zu. Gedichte aus Krankenhäusern häufen sich in den letzten Jahren. Das erinnert an Robert Gernhardts „K-Gedichte“. Wie diese werden Haufs Verse brutaler, rücksichtsloser, böser, finsterer, zugleich aber auch witziger und komischer. / Wulf Segebrecht, FAZ

Hier ein Gedicht von Haufs

2 Comments on “116. Haufs’sches Paradox

  1. traurig schon sind sie die einordnungen nicht wahr
    die immerzu reflexhaften meinenden einordnungen
    damit man immerzu auch weiß ob jemand gut ist
    oder nicht und immerzu — statt dass einer mal sagt
    wie das eigentlich immer ist: ich weiß s halt nicht !
    es war da gut oder nicht … was weiß ich ich weiß
    es halt nicht was weiß „ich“ – ich ditt bezahlte ding
    für seine zeilen es ist doch auch anders ja fadamt
    es ist anders anders und man kanns nicht wissen
    basta bis auf weiteres und dann später wieder nicht

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    • ich glaube, ich verstehe ziemlich gut, was die schaum meint. und der rolf haufs, den ich nur vom immer mal wieder die hand geben kannte, der würde das, glaube ich, unterschreiben. man muß ja nicht nur gedichte schreiben, irgendwie muß man ja auch sein leben führen. und beides soll einem taugen. und den leuten taugen. und viel mehr ist es ja auch nicht nicht. und wenn es taugt, dann ist es gut! dann ist es eigentlich sehr gut. für mich war der rolf haufs immer ein vorbild.

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