83. In Ankara

Achim Wagner berichtet in der Stuttgarter Zeitung aus Ankara:

Seit dem 31. Mai wird in der türkischen Hauptstadt Ankara demonstriert, mittlerweile meistens in der Nacht; getragen werden diese nächtlichen Demonstrationen von der jungen Generation. In Zentrumsnähe und im Zentrum kommt es jetzt regelmäßig zu heftigen Zusammenstößen mit der Polizei. Ein Ausgangspunkt dieser täglichen Demonstrationen ist der Schwanenpark im Ausgehviertel Tunalı, etwa 1,5 Kilometer oberhalb des Stadtzentrums Kızılay gelegen. Normalerweise beherbergt dieser Park mit seiner Wasserfläche vier Schwanenpaare, neun Wildgänse und drei Wildenten, ist er ein innerstädtisches Idyll. Nach Beginn der Demonstrationen wurden die Vögel in einen entfernter gelegenen Park gebracht.

Auf der Tunalı Hilmi Caddesi, der zentralen Straße des Viertels, die zum Park führt, verkaufen inzwischen Straßenhändler Atemschutzmasken, Schwimmbrillen, Trillerpfeifen, Vuvuzelas, türkische Fahnen mit und ohne Konterfei des Staatsgründers Mustafa Kemal Atatürk, T-Shirts mit Widerstandsparolen. Der Park selbst wurde von Protestierenden besetzt, zwischendurch von der Polizei geräumt, wieder besetzt, wieder geräumt und dann wieder besetzt.

Verschiedene Protestinitiativen haben im Park Stände eingerichtet, mit Informationsmaterial zu ihren jeweiligen Anliegen. Eine Protestplattform wurde gegründet. Für einige Tage gab es eine von Studenten betreute sogenannte Volksbibliothek, mit auf Planen ausgelegten Büchern. Der Park hing voller handgeschriebener Plakate mit politischen Slogans, ironischen Kommentaren und immer wieder auch mit Gedichten respektive Gedichtzeilen bekannter türkischer Dichter.

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