5. Gereimt

Eine der zumindest in Deutschland verkanntesten Eigenschaften des Reims drückt der bulgarische Dichter Atanas Daltschew so aus: „Der Reim ist auch ein Element des Humors.“ Hätte Günter Grass, der das hier noch wußte, seine politischen Gedichte gereimt, wären sie weniger bierernst-bärbeißig dahergekommen. Ob Ulf Dunkel Humor hat, weiß ich nicht – er beschreibt sich jedenfalls als Selbstdenker und nicht -reimer. Hier sein Gedichtle im Wortlaut:

Wetzt das Messer, singt ein Lied,
Ab die Vorhaut von dem Glied.
Kinder können sich nicht wehren,
darum müssen sie uns ehren.
Wir verstümmeln, wir beschneiden
Recht und Vorhaut; allen beiden
muss man hier den Garaus machen,
denn wir steh’n auf solche Sachen.
Und ihr Schreien hilft so wenig,
denn wer festhält, ist der König.
Wir bestimmen, was hier Recht.
Wer dagegen ist, ist schlecht.
Gründe sind uns ganz egal,
der Verstand, der kann uns mal.
Bist Du für ein intaktes Glied,
so bist Du gleich Antisemit.

Wie man an den beiden letzten Zeilen sieht, kann man die humoristische Wirkung durch Beugung des Metrums verstärken, genauer gesagt liegt hier Doppelbeugung vor, indem 1. das trochäische Gedicht hier in Jambus wechselt und dieser 2. durch Tonbeugung verformt wird:

Bist DU für EIN inTAKtes GLIED,
so BIST Du GLEICH AnTIseMIT.

(Über den Zusammenhang von „Messer wetzen“ und Juden- bzw. Antijudentum vielleicht ein andermal. Auch die Redesituation – man beachte das changierende „wir“ – läßt sich gut analysieren.)

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