Federico García Lorca 1

Federico García Lorca

(* 5. Juni 1898 in Fuente Vaqueros, Provinz Granada; † 18. August 1936 auf dem Weg von Viznar nach Alfacar, Provinz Granada)

Landschaft mit urinierender Menschenmenge
(Battery-Place-Nocturne)

Sie blieben allein, die Männer:
und sahen dem Tempo der letzten Fahrradstaffel entgegen.
Sie blieben allein, die Frauen:
und warteten auf den Tod eines Jungen an Bord des japanischen Seglers.
Sie blieben alleine, Männer wie Frauen,
und träumten von den klaffenden Schnäbeln sterbender Vögel,
vom Stochern des spitzen Sonnenschirms
in der frisch zertretenen Kröte,
und es herrschte ein Schweigen mit tausend Ohren
und winzigen Wassermündern
in engen Schluchten, die dem wütenden
Ansturm des Monds widerstehn.
Der Junge auf dem Segler weinte und die Herzen brachen vor Angst,
weil es einen Zeugen gab und alle Dinge Totenwache hielten
und auch, weil aus dem himmelblauen Boden mit den schwarzen Spuren
immer noch dunkle Namen und Spucke und Nickel-Radios schrieen.
Es macht nichts, daß der Junge stumm wird, wenn man ihm die letzte Nadel setzt,
und daß die Brise in der Baumwollblüte unterliegt,
denn es gibt eine Totenwelt mit Matrosen, die endgültig sind,
die werden in den Arkaden auftauchen und euch hinter Bäumen gefrieren lassen.
Es nützt nichts, die Biegung zu suchen,
wo die Nacht ihre Reise vergißt,
und auf ein Schweigen zu lauern,
das frei von zerrissenen Kleidern, Schalen und Tränen ist,
wenn selbst das winzige Festmahl der Spinne genügt,
den ganzen Himmel aus dem Gleichgewicht zu bringen.
Nichts hilft gegen das Wimmern auf dem japanischen Segler,
nichts hilft den Leuten im Zwielicht, die gegen die Ecken taumeln.
Das Feld beißt sich in den Schwanz, um all seine Wurzeln in einem Punkt zu vereinen,
und das Knäuel folgt im wilden Gras seiner unbefriedigten Sehnsucht nach Länge.
Der Mond! Die Polizisten. Die Sirenen der Überseedampfer!
Urinfassaden, Rauchfassaden, Anemonen, Gummihandschuhe.
Alles ist hin in der Nacht,
die über den Terrassen ihre Beine spreizt.
Alles ist hin in den lauwarmen Wasserstrahlen
eines schrecklichen, lautlosen Brunnens.
Oh Leute! Leichte Mädchen! Oh Soldaten!
Ihr werdet reisen müssen durch die Augen der Idioten,
durch freies Feld, erfüllt vom Zischen zahmer, geblendeter Kobras,
durch Landschaften voller Gräber, aus denen taufrische Äpfel wachsen,
damit das grenzenlose Licht erscheint,
das die Reichen hinter ihren Lupen fürchten
– der Duft eines einzigen Körpers mit zweifacher Neigung: Lilie und Ratte –
und damit diese Leute brennen, die fähig sind, rings um ein Wimmern zu urinieren,
ja, selbst auf die Kristalle, wo die Wellen, die nie wiederkommen, faßbar werden.

Übersetzung: Martin von Koppenfels

Aus: Federico García Lorca: Dichter in New York. Poeta en Nueva York. Gedichte. Spanisch und deutsch. Übersetzt und mit einem Nachwort von Martin von Koppenfels. Berlin: Suhrkamp 2019., S. 60ff

Mit freundlicher Genehmigung des Suhrkamp Verlags.

Paisaje de la multitud que orina
(Nocturno de Battery Place)

Se quedaron solos:
aguardaban la velocidad de las últimas bicicletas.
Se quedaron solas:
esperaban la muerte de un niño en el velero japonés.
Se quedaron solos y solas,
soñando con los picos abiertos de los pájaros agonizantes,
con el agudo quitasol que pincha
al sapo recién aplastado,
bajo un silencio con mil orejas
y diminutas bocas de agua
en los desfiladeros que resisten
el ataque violento de la luna.
Lloraba el niño del velero y se quebraban los corazones
angustiados por el testigo y la vigilia de todas las cosas
y porque todavía en el suelo celeste de negras huellas
gritaban nombres oscuros, salivas y radios de níquel.
No importa que el niño calle cuando le clavan el último alfiler,
no importa la derrota de la brisa en la corola del algodón,
porque hay un mundo de la muerte con marineros definitivos
que se asomarán a los arcos y os helarán por detrás de los árboles.
Es inútil buscar el recodo
donde la noche olvida su viaje
y acechar un silencio que no tenga
trajes rotos y cáscaras y llanto,
porque tan sólo el diminuto banquete de la araña
basta para romper el equilibrio de todo el cielo.
No hay remedio para el gemido del velero japonés,
ni para estas gentes ocultas que tropiezan con las esquinas.
El campo se muerde la cola para unir las raíces en un punto
y el ovillo busca por la grama su ansia de longitud insatisfecha.
¡La luna! Los policías. ¡Las sirenas de los transatlánticos!
Fachadas de crin, de humo, anémonas; guantes de goma.
Todo está roto por la noche,
abierta de piernas sobre las terrazas.
Todo está roto por los tibios caños
de una terrible fuente silenciosa.
¡Oh gentes! ¡Oh mujercillas! ¡Oh soldados!
Será preciso viajar por los ojos de los idiotas,
campos libres donde silban las mansas cobras deslumbradas,
paisajes llenos de sepulcros que producen fresquísimas manzanas,
para que venga la luz desmedida
que temen los ricos detrás de sus lupas,
el olor de un solo cuerpo con la doble vertiente de lis y rata
y para que se quemen estas gentes que pueden orinar alrededor de un gemido
o en los cristales donde se comprenden las olas nunca repetidas.

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