Apti Bisultanov in Deutschland

Über den tschetschenischen Lyriker Apti Bisultanov schreibt die Welt vom 27.2.03:

Jetzt ist der Poet für zwei Monate in Deutschland; unterstützt von der Heinrich-Böll-Stiftung und der Deutsch-Kaukasischen Gesellschaft, will er sein 1991 entstandenes Chaibach-Poem, für das er den Tschetschenischen Volkspreis für Literatur bekam, auf die deutsche Herausgabe vorbereiten.

Bisultanow ist nicht nur Dichter. Nach dem ersten Tschetschenien-Krieg 1996 wurde er Politiker, nahm das Amt des Vizepremiers an der Seite von Aslan Maschadow an. Doch schon zu diesem Zeitpunkt stand er auf Moskaus schwarzer Liste. Seit Beginn des zweiten Krieges 1999 führt Bisultanow das Leben eines Verfolgten. Seine Familie lebt in Flüchtlingslagern, sein Dorf ist zerstört, kein Buch, kein Foto, keine fassbare Erinnerung hat die beiden Kriege überstanden. „Meine Welt ist untergegangen“, sagt er.

Projekt für Lyrik und Bildende Kunst

Die Neuß-Grevenbroicher Zeitung vom 27.2.03 berichtet, wie Thomas Kling und Ute Langanky mit Schülern arbeiten:

Schon zum dritten Mal begleitete und animierte er zusammen mit der Malerin und Fotografin Ute Langanky an der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule ein Projekt für Lyrik und Bildende Kunst, in dessen Rahmen Schüler der Oberstufe einen Stoff bearbeiten und in eigener Sprachform ver-dichten oder auch in Bildern ver-arbeiten. Rund 200 Jugendliche haben sich daran beteiligt (wobei dieses Mal die Lyrik im Vordergrund stand) und Mittwoch im Forum eine gemeinsame Veranstaltung präsentiert, die etliche Vorurteile über 15- bis 18-Jährige ad absurdum führen: Von wegen Sprachlosigkeit! Von wegen Nichtzuhörenkönnen! Von wegen Gleichgültigkeit!

Geschäftsidee Lyrik

Die Geschäftsidee ist einfach. Unter dem Titel „Nationalbibliothek des deutschsprachigen Gedichtes“ ruft der Gräfelfinger Realis Verlag nun schon zum sechsten Mal seinen jährlichen Internet-Gedichtwettbewerb aus. Es locken nicht nur Geld- und Bücherpreise, sondern auch kostenlose schriftliche Gutachten der eingesandten Poeme. Rund 16 000 Hobbylyriker haben im vergangenen Jahr für den Dichterwettstreit Verse geschmiedet – 4000 von ihnen hat der Verlag zur Aufnahme ihres Lyrikversuchs in seine Anthologie “ Nationalbibliothek des deutschsprachigen Gedichtes – Ausgewählte Werke “ gratuliert, die seit 1998 im Anschluss an den Wettbewerb erscheint.

Die Autoren bekommen kein Belegexemplar des Bandes. Dafür bietet ihnen der Verlag, dessen Buchprogramm größtenteils Astrologie-Ratgeber wie den „Astroguide 2003″ umfasst, den großformatigen Wälzer zum “ Autorenvorzugspreis“ an. Wer sich das Zeugnis seines “ literarischen Erfolgs“ ins Bücherregal stellen will, zahlt rund 45 Euro dafür. Das tun viele der geehrten Freizeitpoeten – je mehr “ Dichtertalente“ der Verlag in die Anthologie mit dem viel versprechenden Titel aufnimmt, desto mehr Buchbestellungen kann er erwarten. / Christine Kokot, Heilbronner Stimme 27.2.03

Gedichte gegen den Krieg

Die deutschsprachige Version der Anthologie Gedichte gegen den Krieg im PDF-Format & als Druckvorlage zur Herstellung von Buchexemplaren.

The German-language anthology of anti-war poems, Poets Against The War, is now available at Gedichte gegen den Krieg .

English, French and Portuguese versions are also available at www.nthposition.com – the online magazine with the original and truly global vision for non-profit peaceful poetic protest.

Marina Zwetajewa

Die Times Literary Supplement vom 27.2.03 bespricht Marina Zwetajewas Moskauer Tagebücher und in Rußland edierten Notizbücher.

Marina Tsvetaeva
EARTHLY SIGNS
Moscow diaries, 1917-1922
Edited and translated by Jamey Gambrell
249pp. Yale University Press. £17.95 (US $24.95).
0 300 06922 7

ZAPISNYE KNIZHKI V DVUKH TOMAKH
(Notebooks in two volumes)
Edited by E. B. Korkina and M. G. Krutikova
Volume One: 1913-1919
557pp. 5 88889 050 2
Volume Two: 1919-1939
542pp. 5 88880 012 X
Moscow: Ellis Lak

Wiener Schule für Dichtung

Über Pläne, der Wiener Schule für Dichtung Akademiewürden zu geben, berichtet der Wiener Kurier vom 25.2.03.

Nordischer Literaturpreis

Die Schwedin Eva Ström erhält für ihre Gedichtsammlung «Rippenstädte» (»Revbenstäderna») den Nordischen Literaturpreis 2003. Die 1947 geborene Lyrikerin, Erzählerin und Literaturkritikerin sei eine «ganz besondere Stimme in der schwedischen Dichterlandschaft», teilte das Preiskomitee in Stockholm mit. Ström habe eine Vorbildfunktion für zahlreiche jüngere Literaten in ihrem Land, erneuere ihren Stil und untersuche dabei die Grenzen der Sprache. / St. Galler Tagblatt 22.2.03

Spielen ist alles

Die Zeichnung Theben mit Jussuf zeigt ein buntgewürfeltes Häusergewirr, Kuppeln, Halbmonde, Sterne und Palmen. Im Fenster eines Hauses ist das kühn geschwungene Profil Jussufs zu sehen. Doch der gezeichnete Dichterfürst ist ebensowenig ein Abbild Lasker-Schülers wie das lyrische Ich der Gedichte – „ich selbst bin nie zu finden, also nicht zu zerstören als von mir selbst“, schrieb sie 1910 dem englischen Germanisten Jethro Bithell. Und 1911 an Karl Kraus: „Spielen ist alles.“ / Uta Grossmann, FR 22.2.03

Else Lasker-Schüler
Theben.
Gedichte und Bilder. Herausgegeben und mit einem Nachwort von Ricarda Dick. Jüdischer Verlag im Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2002, 64 Seiten, 24 €.

Derrida, Gadamer und das Gedicht

Das Gedicht ist nicht nur das beste Beispiel dafür, dass etwas unübersetzbar ist, es ist der eigenste, am wenigsten uneigene Ort der Herausforderung für eine jede Übersetzung. Das Gedicht zeigt wahrscheinlich den einzigen Ort an, an dem sich Sprache erfahren lässt, nämlich in ihren idiomatischen Besonderheiten, die einerseits für immer der Übersetzung widerstehen und deshalb andererseits eine Übersetzung einfordern, der zugemutet wird, das Unmögliche zu leisten, das Unmögliche in einem unerhörten Ereignis möglich zu machen. . . . / Jacques Derrida über Gadamer, NZZ 22.2.03

In einer redaktionellen Nachbemerkung zu Derridas Text heißt es:

Wir veröffentlichen auf dieser Seite den ersten der fünf Abschnitte des Vortrags; die anderen vier waren der Interpretation eines Gedichtes von Paul Celan gewidmet, dessen letzte Verszeile lautet: «Die Welt ist fort, ich muss dich tragen.» (Der integrale Text wird demnächst im Suhrkamp-Verlag erscheinen.)

Polnische Literatur

In diesem neuen Klima der Kurzlebigkeit wird jedes neue Werk der wahren literarischen Elite als etwas begrüsst, was man möglicherweise zum letzten Mal geniesst. Etwa der neue Gedichtband von Wislawa Szymborska, der Literaturnobelpreisträgerin von 1996. Neun Jahre lang liess die Krakauer Dichterin ihre Bewunderer auf eine neue Sammlung warten. Nun ist sie seit dem vergangenen Herbst da, trägt den Titel «Augenblick». Der Band besteht aus nur 23 Gedichten und ruft neue Ovationen hervor. Es sei, jubeln die Kritiker, immer noch die gleiche, unverkennbare Dichterhandschrift, zu der Knappheit der Form und Präzision des Ausdrucks, Abstraktion und Konkretheit, Nachdenklichkeit und intellektueller Scharfsinn gehören. / Marta Kijowska, NZZ 22.2.03

Kékchose d´extrème

Als Erzähler wie als Lyriker ist Queneau zwar unterhaltsam, aber er macht es seinem Leser nicht leicht. Trotz aller Nonchalance und vorgeblichen Mühelosigkeit („Der Schweiß der Arbeiter rinnt auf die Erde / Ich schreib‘ ein Gedicht ohne müde zu werden“), die, wie wir gesehen haben nur die Strapazen des alltäglichen Lebens überdeckt, trotz allem Witz, trotz seinem Hang zur volkstümlichen Figur, den kleinen Leuten, die er zu Hauptpersonen seiner Romane macht und mit Vorliebe selbst zu Wort kommen lässt, ist Queneau gewiss lustig, aber niemals heiter. Über seine persönliche Gestimmtheit hinaus, macht das auch einen Teil seiner Poetologie aus: „ça a toujours kékchose d’extrème / un poème“ reimt er im einschmeichelnden Chanson-Tonfall („mmer n bisschen extrem / son Poem“). / Hans Thill, FR 22.2.03

Raymond Queneau 100

In solchen Möglichkeitswelten der Literatur lebt der OULIPOet: Er schwebt zwischen schemathematischen Wolken, die je nach Blickwinkel eine andere Gestalt annehmen. Die schönste Wolke hat Queneau 1961 an diesen Himmel gesetzt, einen Gedichtband aus zehn Sonetten, deren vierzehn Zeilen sich reimen, so dass man, wie der Titel schon verrät, 10 hoch 14, also «Hunderttausend Milliarden Gedichte» daraus kombinieren und lesen kann. Könnte: Denn dafür brauchte man, Schaltjahre nicht berücksichtigt, 190 258 751 Jahre. Es ist das Meisterwerk aus der «Werkstätte der Potenziellen Literatur», dem «OUvroir de LIttérature POtentielle». Und nur eines der vielen Meisterwerke aus Queneaus Feder. / Stefan Zweifel, NZZ 21.2.03

Weitere Würdigungen: Ludwig Harig , FAZ 21. (da!) / Le Figaro 21. / Die Rheinpfalz 21. / Die Welt 21. /

Francesco Petrarca

In Le Monde habe ich keinen Artikel zu Queneau gefunden, dafür in der Ausgabe vom 21.2.03: ein Interview (sic) mit Francesco Petrarca („dem Mann, der den Humanismus erfunden hat“), dessen 700. Geburtstag die Welt im nächsten Jahr feiern wird. Kleine Probe:

Vous-même, vous définiriez-vous comme un homme libre ?

J’ai toujours été l’homme le plus libre qui soit, et j’ajouterais que je le serai toujours si l’on avait quelque connaissance certaine de l’avenir. Je m’efforcerai toutefois, et j’espère qu’il en sera ainsi, de ne pas apprendre la servitude dans ma vieillesse et de rester libre d’esprit en toute circonstance, même si nous sommes subordonnés inévitablement par le corps et d’autres contingences à plus grands que nous…

[Halten Sie sich für einen freien Menschen?

Ich war immer der freieste Mensch der Welt, und ich füge hinzu, daß ich es immer bleiben werde, soweit man von der Zukunft sichere Kunde haben kann. Ich war immer bestrebt, und hoffe, daß es so bleibt, nicht noch im Alter in Knechtschaft zu verfallen, sondern unter allen Umständen frei im Geiste zu bleiben, auch wenn wir unausweichlich durch den Körper und andere uns überlegene Zwänge besiegt werden…]

Klopstock

Aus dem wie von Christo eingehüllten Klopstockhaus in Bad Langensalza berichtet die Thüringer Allgemeine vom 21.2.03 – – – Die Lausitzer Rundschau informiert am 21.2.03 über Hamburger Aktivitäten („zahlreiche Ausstellungen“) Klopstocks 200. Todestag betreffend.

„Collection Breton“

Die französische Zeitschrift L´Express vom 20.2.03 bringt ein Dossier über eine surrealistische Wunderkiste: die „Collection Breton“ in dessen Pariser Wohnung.
Für Interessenten:

Les huit catalogues sous coffret avec le DVD (280 euros) et le DVD seul (50 euros) peuvent être commandés sur le site calmelscohen.com