Nichts ist unmöglich

(Zwölf Nächte)

Griechisch adynatón heißt das Unmögliche. Adynata (lateinisch impossibilia) sind ein antikes Stilmittel, das schon bei Homer vorkommt und auch bei einem der frühesten Lyriker der griechischen Literatur, Archilochos. Zu seiner Lebenszeit gab es eine totale Sonnenfinsternis, am 6. April 648 v.u.Z. Wenn das möglich ist, sagt das fragmentarisch erhaltene Gedicht, dann ist alles möglich. Dann kann auch ein Kamel durch ein Nadelöhr gehen und ein Reicher in den Himmel kommen, wie ein Späterer sagte. Wenn das Unmögliche möglich ist, gibt es keine Orientierung im Handeln und Denken. „Ein Zeus, der die Naturgesetze willkürlich außer Kraft setzt, steht im Verdacht, die ganze Welt seiner Willkür auszuliefern. Die Sonnenfinsternis entlarvt seine Herrschaft als potentiell totale Willkürherrschaft.“ (Rainer Nickel 2003, S. 275).

Es gibt nichts Unerwartetes mehr, nichts, was man ableugnen könnte, 
nichts Staunenswertes, seitdem Zeus, der Vater der Olympier,
aus Mittag machte Nacht, als er das strahlende Licht
der Sonne verbarg und feige Angst die Menschen überkam.
Seitdem wird alles glaubhaft und möglich
den Menschen. Keiner von euch darf sich noch darüber wundern,
wenn er sieht, wie die Tiere auf dem Land mit den Delphinen ihre Weide tauschen
im Meer und ihnen die tosenden Wellen des Meeres
willkommener sind als das Land, diesen aber das waldreiche Gebirge.
... Archenaktides
... Sohn des ...
... zur Hochzeit
...
...
...
... den Menschen
...

Archilochos 122 W = 74 D. Stob. 4.46.10 + P. Oxy. 2313 fr. 1 (a). Aus: Archilochos: Gedichte. Hrsg. u. übersetzt von Günter Nickel (Tusculum). Düsseldorf, Zürich: Artemis & Winkler, 2003, S. 107 (= Günter Nickel 2003). Der griechische Text ebd. S. 106.

In dem fragmentarischen Schluss könnte es um eine (gewünschte, nicht zustandegekommene) Hochzeit des Dichters handeln, Archenaktides vielleicht der Nebenbuhler.

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