Der Nachtigall Klinggedicht

Catharina Regina von Greiffenberg

(* 7. September 1633, heute vor 390 Jahren, auf Schloss Seisenegg in Viehdorf bei Amstetten in Niederösterreich; † 10. April 1694 in Nürnberg)

Uber die Nachtigal

1.

Hört der holden Nachtigall
süssen Schall /
durch den Busch erschallen:
sie will / durch ein Kling-Gedicht /
ihre Pflicht
ihrem Schöpffer zahlen.

2.
In dem weiß-geschmälzten Zelt
aller Welt /
seinen Ruhm sie singet:
dahin zielt ihr Müh' und Fleiß /
daß sein Preiß
hell von ihr erklinget.

3.
Dir / dir / dir / O höchster Hort /
ohne Wort
pfleg' ich Dank zu geben:
ohne End ist mein Begehr /
deine Ehr'
äusserst zu erheben.

4.
Jede Feder fordert Lob /
ist ein Prob
deiner milden Güte.
Gib / so offt ich sie aufschwing /
daß erkling
Dank aus dem Gemüte.

5.
Jedes Würmlein / das ich iss /
ist gewiß
deiner Schickung Gabe.
Nimm / Erhalter / vor die Speiß /
diesen Preiß /
und mich ferner labe!

6.
Dir sey Lob vor diesen Ast /
wo ich rast:
doch nit / dich zu loben.
Nein! dein Ruhm wird für und für /
dort und hier /
hoch von mir erhoben.

7.
Du hast / schöne Singerin /
meinen Sinn
auch in was ermundert.
Nur von Gottes Gnad sing ich /
weil ich mich
ganz in sie verwundert.

Quelle:
Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 358-360.
Permalink:
http://www.zeno.org/nid/20004880897

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