Wozu der Mensch den Menschen macht

William Wordsworth

(* 7. April 1770 in Cockermouth, Großbritannien; † 23. April 1850 in Rydal Mount, Großbritannien)

Als der Mensch Wordsworth 1850 stirbt, ist der Dichter Wordsworth, den viele für den größten englischen Lyriker seit Shakespeare und Milton halten, längst tot; doch die Nation verehrt in ihm den milden, edlen Dichterfürsten, der sich dem viktorianischen Lebensstil angepaßt hat und vom bürgerlichen 19. Jahrhundert als vorbildlich empfunden werden kann.

Siegfried Schmitz
Verse, geschrieben im Vorfrühling

Umschwirrt von tausendstimmigem Lied, 
Lag ich im Grase hingestreckt, 
Mit sanfter Freude im Gemüt, 
Die leicht in uns die Trauer weckt.

Ihr stolzes Werk verknüpft Natur 
Der Menschenseele, die hier wacht;
Drum schmerzt es mich, zu denken nur, 
Wozu der Mensch den Menschen macht.

Durch Primelbüsche jener Laube
Schlingt seinen Kranz das Immergrün, 
Und jede Blume – ist mein Glaube –
Freut sich der Luft in ihrem Blühn.

Ich hört der Vögel frohes Singen, 
Ihr Denken war mir nicht bewußt.
Der kleinste doch von ihren Sprüngen
Erschien mir jauchzend helle Lust.

Der Baum schwillt knospend in den Zweigen 
Und trinkt die Luft, die ihn umspielt,
Und nie will meine Ahnung schweigen,
Daß alles dies die Freude fühlt.

Kann den Gedanken ich nicht hindern, 
Der diesen Glauben mir gebracht, 
Wie soll die Klage sich vermindern, 
Wozu der Mensch den Menschen macht?
Deutsch von Marie Gothein, aus: Lyrik der englischen Romantik. Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Siegfried Schmitz. (Winkler, Die Fundgrube 31) München: Winkler, 1967, S. 23f
Lines Written in Early Spring

I heard a thousand blended notes, 
While in a grove I sate reclined, 
In that sweet mood when pleasant thoughts 
Bring sad thoughts to the mind. 

To her fair works did Nature link 
The human soul that through me ran; 
And much it grieved my heart to think 
What man has made of man. 

Through primrose tufts, in that green bower, 
The periwinkle trailed its wreaths; 
And ’tis my faith that every flower 
Enjoys the air it breathes. 

The birds around me hopped and played, 
Their thoughts I cannot measure:— 
But the least motion which they made 
It seemed a thrill of pleasure. 

The budding twigs spread out their fan, 
To catch the breezy air; 
And I must think, do all I can, 
That there was pleasure there. 

If this belief from heaven be sent, 
If such be Nature’s holy plan, 
Have I not reason to lament 
What man has made of man?

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