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Veröffentlicht am 23. August 2019 von lyrikzeitung
Alfred Lichtenstein
(* 23. August 1889 in Wilmersdorf; † 25. September 1914 bei Vermandovillers, Département Somme, Frankreich)
Jetzt tut man mir nichts mehr beim Militär.
Wer achtet noch auf mich. Man hat sich längst gewöhnt
An meine sonderbaren Zivilistenaugen.
Beim Exerzieren bin ich halb im Traum
Und auf den Märschen mache ich Gedichte.
Doch kommt ein Krieg. Zu lange war schon Frieden.
Dann ist der Spaß vorbei. Trompeten kreischen
Dir tief ins Herz. Und alle Nächte brennen.
Du frierst in Zelten. Dir ist heiß. Du hungerst.
Ertrinkst. Zerknallst. Verblutest. Äcker röcheln.
Kirchtürme stürzen. Fernen sind in Flammen.
Die Winde zucken. Große Städte krachen.
Am Horizont steht der Kanonendonner.
Rings aus den Hügeln steigt ein weißer Dampf
Und dir zu Häupten platzen die Granaten.
Aus: Alfred Lichtenstein: Dichtungen. Hrsg. Klaus Kanzog u. Hartmut Vollmer. Zürich: Arche, 1989, S. 113
Erster Teil: 23.6.1914, zweiter Teil: 9./10.7.1914. – Nach Zeile 3 stehen drei durchgestrichnene Zeilen:
Oft bin ich Gruppen- oft Patrouillenführer,
oft Radfahrer. Ich werde manchmal auch
zu kleineren Besorgungen verwendet.
Kategorie: Deutsch, DeutschlandSchlagworte: Alfred Lichtenstein
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