Wer vergleicht wen womit?

Mechthild von Magdeburg / Monika Rinck

XVIII. Gott gleicht die Seele fünfer Dinge

O du schöne Rose im Dornicht,
o du fliegende Biene im Honig,
o du reine Taube in deinem Sein,
o du schöne Sonne in deinem Schein,
o du voller Mond in deinem Stehn!
Ich kann mich nicht ab von dir kehrn.

in dornen rosenschön,
im honig bienenflug,
im wesen taubenlauter,
im scheinen sonnenschön,
im erstehen voller mond!
niemals kann ich von dir gehn.

so e schöni ros im dorngebisch,
so e liebsbiensche wo im honisch fliecht,
so wie e reinstäubsche in seim wesen iss,
schön wie die sonn ihr scheine iss,
so e voller mond wo obbe steht —
ABKEHR? ich wisst jo garned wie das geht.

O s’isse schöns rösche im dornestrauch,
o s’isse fliengiensche im honisch rumennumm,
o s’iss e täubsche, dass iss in seim wesen rein,
o s’iss e sonn, so schön iss, wannse scheint,
o s’iss de mond, so voll als dasser steht.
schbleib bei dir, weils annerscht garned geht.

In: Franz Josef Czernin, Oswald Egger, Werner Fritsch, Barbara Köhler, Monika Rinck: Je tiefer ich sinke, je süßer ich trinke. Poetische Annäherungen an Mechthild von Magdeburg. Hrsg. Mechthild Rausch. Berlin, Duisburg, Neuss, Rettenegg u. Holderbank: roughbooks, 2010 (roughbook 012), S. 23f

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