Poesie ist etwas für Leute, die nicht in Aleppo sind

Die Mallorcazeitung sprach mit dem polnischen Dichter Adam Zagajewski, der im September in Capdepera lebte. Auszug:

Für viele Menschen ist Mallorca ein Zufluchtsort, an dem sie ein wenig aus der realen Welt ausbrechen können. Haben Sie das auch so empfunden?

Nein, man kann nicht aus der realen Welt flüchten. Ich habe ja auch hier Internet und lese jeden Morgen, was in Aleppo vor sich geht. Das kann man nicht vergessen. Man sollte es auch nicht vergessen. Denn wir baden hier, wir essen, wir trinken Wein. Und in Aleppo werden Menschen ermordet. Diese Gleichzeitigkeit ist nur schwer zu ertragen. Es ist sehr schwer, etwas zu tun für diese Menschen, aber man sollte es wenigstens wissen. Und man sollte versuchen zu helfen. Und ich kann genauso wenig etwas dafür wie Sie. Aber ich leide sehr
darunter.

Kann die Poesie helfen?
Nein, die Lyrik kann nicht helfen. Um es symbolisch zu sagen: Die Poesie ist etwas für Leute, die nicht in Aleppo sind. Sie ist für Menschen, die eine gewisse Sicherheit genießen. So war es schon immer.

1 Comments on “Poesie ist etwas für Leute, die nicht in Aleppo sind

  1. Ich war zum Glück noch nie in so einer schlimmen Lage. Aber ich weiss , das Poesie manchmal auch helfen kann, Schlimmes zu ertragen. Als mein Lieblingssyrer in YarmoukCamp eingeschlossen war, hat er Gedichte geschrieben. Gedichte waren die Flügel, auf denen er davon kommen konnte, wenigstens für Momente. Grüsse Kat.

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