57. Gegen Abgehobenheit

Direkte politische Lyrik gilt mitunter als verpönt – das ist nicht ganz unbegründet. Viel Plattes und Plakatives hat der Social Beat hervorgebracht, und bis heute gibt es Autoren, deren Politlyrik vor allem in Verse gebrochene Meinungsprosa ist. Da kann man zustimmend nicken oder verständnislos den Kopf schütteln und das war es dann. Inhaltliche oder sprachliche Originalität sucht man meist vergeblich. Dabei gibt es heute eine Fülle an wirklich überzeugender Politlyrik. Tom Schulz hat das gezeigt in seiner Anthologie „alles außer Tiernahrung“, weitere vielfältige Beispiele hat jüngst Anton G. Leitner in „Gedichte für Zeitgenossen“ vorgelegt. Nun kommt mit „da kapo mit CS-Gas“ ein Band von Pohl und Schittko, der das Plakative und Direkte augenzwinkernd und doppelbödig verarbeitet, mit Wortspielen soziale Missstände ergründet und Klischees der Lyrikszene bissig und angriffslustig seziert.

2010 Gewann Clemens Schittko den „lauter niemand preis für politische lyrik“; Pohl veröffentlichte seinen Band „Fahrkarte zur Revolution“ bei SuKulTuR, eine weitere Gedichtsammlung in Enno Stahls KRASH-Edition; Schittko sagt offen, dass er sich nicht als „Lyriker“ versteht, weil ihm das zu abgehoben ist – diese Zuneigung zum Underground, diese klare Abgrenzung zu elitärem Anruch, der in der Szene grassiert, macht die beiden furchtbar sympathisch. Sie zelebrieren mitunter das Sich-selbst-nicht-so-todernst-nehmen und thematisieren die Distanz zum offiziellen Literaturbetrieb (was auch immer das eigentlich ist…) immer wieder in ihren Gedichten. / gw, cineastentreff

Kai Pohl / Clemens Schittko: da kapo mit CS-Gas, Fixpoetry Verlag 2011, 60 Seiten, 10 Euro (www.fixpoetry.com)

2 Comments on “57. Gegen Abgehobenheit

  1. SEHR GEEHRTER HERR „GW“: ICH MÖCHTE FAKTEN GEGEN IHRE EIGENE ABGEHOBENHEIT!!! also 1) TEXTBEISPIELE für sogenannte angebliche „direkte politische“ lyrik sowie ebenfalls textbeispiele für dementsprechend 2) „INDIREKTE POLITISCHE“ lyrik (schittko & pohl????? und wenn, wann warum??? sehen die beiden das selber auch so???), dann 3) NAMEN & KONTEXTE, bei wem und inwiefern diese (eben jene angebliche direkte politlyrik) „mitunter als verpönt gilt“ und dazu auch die relevanten 4) AUTORENNAMEN für „plattes & plakatives“ aus dem Social Beat. ich wüßte nicht, wen man da favorisieren müßte, denn die SB-bewegung an sich war sowieso lagerweise nur pseudopolitisch, nämlich stark dominiert von sogenannter „pimmelprosa“: männliche autoren, die ihren sexuellen frust in besoffenen übersprungshandlungssträngen auf einen pauschalen zorn auf „das“ system verlagerten (der hauptgrund, weshalb ich persönlich mich bereits 1995 wieder von der richtung distanzierte); aber: was bitteschön ist NICHT platt??? befindet sich ein dichter auf diesem planet grundsätzlich lebenslänglich in der hölle der DIKTATUR DER METAPHER und darf nie „direkt“ (im simplen antimetaphorischen sinne) dichten (und ich rede hier nicht von der theorie meiner eigenen sogenannten „direkten dichtung“, sondern nur in bezug auf den artikel!!!), um als „seriös“ zu gelten??? ist deshalb zb ein jacques prévert oder ein später hans arp manchen metaphorisch fixierten dichtern (ich nenne diese abteilung gerne „celangweiler“) regelrecht PEINLICH, weil sie sich vor ihrer eigenen SEELISCHEN DIREKTHEIT schämen (solange pubertäre schatten die geistige freiheit blockieren)??? man nenne mir also 5) 100% nichtplatte & nichtplakative gedichte und begründe das auch am konkreten text – und zu guter letzt wären 6) TEXTBEISPIELE & AUTORENNAMEN jener angeblich „heutigen“ autoren wünschenswert, deren politlyrik in versen erbrochene meinungsprosa sei… IST IRGENDWEM MÖGLICH, AUF DIE 6 BITTEN KONKRET EINZUGEHEN???? ansonsten hat sich der artikel für mich erledigt. und jeder in folge erscheinende artikel zu denselben themen!!! HELAAF.de !!!!! alau 😛

    P.S. ich selbst steuere hier gerne 1 manifest bei, das sich mit den angesprochenen merkmalen auseinandersetzt:

    1.OFF-LYRIK-MANIFEST =
    http://poemie.jimdo.com/manifeste/1-off-lyrik-manifest/
    (vom 16.6.96 + 16.4.1997 mit begriffsschöpfung O.L. zwecks Distanzierung vom Social Beat)

    AUSZUG DARAUS: „Off-Lyrik ist politisch / sogar knallhart politisch / aber in einem erweiterten / subversiv-avantgardistischen sinne / hier geht es um die freiheit der sprache sich / für thema & atmosphäre „mißbrauchen“ zu lassen“ / (…) / Off-Lyrik handelt von/aus Inhaltlicher statt Innerer / Notwendigkeit das bedeutet keine nabelschau / aber auch keine nervösen floskeln / eine synthese aus subjektiven / sozialen und universalen / perspektiven die durch ‚Kontrollierte Spontaneität‘ / in DIREKTE POESIE mündet (…)“

    Like

  2. vier fragen sein mit verlaub erlaubt: 1) was bitteschön IST „direkte politische“ lyrik ??? in meinen augen ein pleonasmus, denn das politische an einem gedicht findet sich ja genau in den direkten formulierungen, also nicht „hintenrum“ durch metaphorische kryptomanie verschleiert oder oder nur abtrakt/allgemein angedeutet. 2) BEI WEM KONKRET „gilt [sie] mitunter als verpönt“ ??? vielleicht nur bei dem autor des artikels? es wäre nicht das erste mal, daß meinungsmache über unpersonale pauschalisierung läuft. dann: was ist bitte 3) ein „offizieller“ betrieb bzw was dann ein inoffizieller? das ist doch reinstes blablabla, betrieb ist das nach außen sichtbare, jeder verfluchte event, auf den kein zuhörer kam, IST teil des betriebes. „inoffiziell“ ist im grunde gleichzusetzen mit „intim“, wie z.b der dichtvorgang selbst. und 4) lässt sich die formulierung „das Sich-selbst-nicht-so-todernst-nehmen“ auch in fachtermina übersetzen, also in philosophische und psychologische kategorien??? ich halte den ganzen artikel für demagogisch, sorry… was sehr schade ist, denn ausgerechnet bei erfreulichen meldungen über schittko & pohl trifft die kritik!

    Like

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..