71. Fest für Jaccottet

Mit einem Fest für Philippe Jaccottet begannen die diesjährigen Literaturtage (die noch bis Sonntag andauern). Der Dichter aus der Romandie, seit den fünfziger Jahren in Frankreich lebend, erhielt den Grossen Preis der Schweizerischen Schiller-Stiftung.

Drei Laudatoren, jeder in seiner Sprache, sangen Jaccottets Loblied: Pierre Chappuis auf Französisch, Fabio Pusterla auf Italienisch und Andreas Isenschmid auf Deutsch. Chappuis zollte dem um wenige Jahre Älteren Beifall mit einer poetischen Hommage, die aufzeigte, wie Jaccottet, unabhängig von Moden und Literaturbetrieb, einer «vérité première» auf der Spur war und ist, unter Verzicht auf jegliche Versuchung durch Rhetorik und Kunstfertigkeit, und mittels des Wortes – la parole – den Abgrund zwischen der Wirklichkeit und uns überbrücken will. Dies stets im Bewusstsein, dass sein Unterfangen unvollendbar ist. Pusterla (sein Text ist abgedruckt in der heutigen Beilage «Literatur und Kunst») schälte heraus, was Jaccottets Werk für die italienische Lyrik bedeutet: In der bleiernen Zeit der Nachkriegsjahre habe es die erloschene Hoffnung wiedergeweckt – trotz oder gerade dank einer vorsichtigen Skepsis gegenüber der Sprache. Und Isenschmid evoziert seine Jaccottet-Lektüren, die ihn seit 15 Jahren eine neue Art des Staunens lehrten. / Barbara Villiger, NZZ 15.5.

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