Vor 100 Jahren

Hendrik Werkman 

(* 29. April 1882 in Leens, Niederlande; † 10. April 1945 in Bakkeveen, Niederlande) 

1924

Das 481. Schaltjahr wird uns die Erlösung von der faden
Strapaze der Kunst als Parfüm nicht bringen.
Dazu ist sie zu stark mit der mächtigen Organisation der
Fettmäster, in der jeder sein Glück versucht und Anwälte ein
Auskommen haben.
Der Künstler in der Gesellschaft ist der gefesselte Handwerker im
Großbetrieb.
Instinktiver Trieb zum Schachern und gerissene Überlegung zum
Nachgehen von Kauf und Verkauf mit Profit seine Verdienste.
Willst Du Dich erniedrigen, indem Du Dich den
Unzulänglichkeiten der Gesellschaft anpaßt? Der Lebensbetrieb
fragt nicht nach Lebensbekenntnis.
Die Kunst in der Gesellschaft ist zivilisierte Schau.
Überschwenglichkeit ist konventionelle Kundgebung des
Totenabmarsches ohne Takt.
Lust ist Grundsatz.
Enttäuschung ist das Ende aller Dinge und die Tage brechen das
Leben weiter ab.
1924 erfordert engeren Zusammenschluß Gleichgesinnter, von
denen zu erwarten ist, daß sie sich noch gegen das
Negativprogramm der Reaktion erheben können. Bekundend mit
Wort, mit Schrift, mit Tat.
Mit Pickel, Hacke und Mistgabel.

Aus: Hendrik Werkman (1882-1945). Travailleur & Cie. Texte 1923-1944. Mit einem Nachwort herausgegeben von Hubert van den Berg und Walter Fähnders (Vergessene Autoren der Moderne LXIII. Herausgegeben von Marcel Beyer und Karl Riha). Universität-Gesamthochschule Siegen, Siegen 1995, S. 12 (Aus dem Niederländischen von Hubert van den Berg)

Am 13. März 1945 wird Werkman vermutlich wegen seiner illegalen Drucktätigkeit von einem deutsch-niederländischen Überfallkommando des Sicherheitsdienstes verhaftet, seine Drucke werden als „bolschewistische Kunst“ und „surrealistische Schweinerei“ beschlagnahmt. Werkman wird am 10. April 1945 zusammen mit neun anderen niederländischen Antifaschisten – hauptsächlich Mitglieder des bewaffneten Widerstandes – ohne Prozeß in einem Waldstück in der Nähe des friesischen Bakkeveen hingerichtet. Als wenige Tage später Groningen befreit wird, fallen Werkmans konfiszierte Bilder und Drucke einem Brand zum Opfer. Eine von Willem Sandberg initiierte Werkman-Retrospektive findet November/Dezember 1945 im Siedelijk Museum statt und festigt definitiv Werkmans Namen als avantgardistischer Künstler.

(Ebd. S. 48)

Hier eine Komposition Werkmans aus dem Jahr 1924 https://www.rijksmuseum.nl/nl/collectie/RP-P-2013-18

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