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Veröffentlicht am 24. Juli 2015 von lyrikzeitung
Vom Brocke operiert im Niemandsland zwischen verschiedenen Sprachen und Arten des Sprechens ebenso, wie in dem zwischen Text und Bild. Immer wieder evozieren ihre Gedichte starke, präzise Bilder, um dann wieder in rein sprachliche Konstrukte umzuschlagen, die man liest, wie man ein Gemälde betrachtet. Im Zyklus „Gemäldegalerie” etwa führt sie uns Cranachs „Amor als Honigdieb”, Lippis „Erato”, Tizians „Venus mit dem Orgelspieler” und noch mehr Alte Meister vor Augen, dass man sogleich nach Berlin fahren möchte, um die Gemäldegalerie aufzusuchen; und doch drängen die Texte immer wieder aus dem Rahmen hinaus, oder aber ziehen andere Bilder in den Rahmen hinein, wie die Museumswärterin als Ausstellungsstück:
Eine Frau im hintersten Raum beugt sich zu ihrem Schuh hinab. Richtet sich
auf, der Rücken verlässt die Beugung. Rückt die Uniform zurecht und läuft
geräuschlos zum Fenster, die Hand vor dem Mund. Die Frau ist langsam.
Sie ist verlangsamt. Sie ist bildgeworden. Bild geboren. Ein Bild zu Fleisch
gespannt, animiert, aber faltig und müde. Ich schaue auf die Uhr, doch ich
weiß, noch bevor ich den Arm anhebe, dass es Zeit ist zu gehen.
/ Dirk Uwe Hansen, Signaturen
Sonja vom Brocke: Venice singt. Gedichte. Berlin (kookbooks) 2015. 96 Seiten. 19,90 Euro.
Kategorie: Deutsch, DeutschlandSchlagworte: Dirk Uwe Hansen, Sonja vom Brocke
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