36. Arnfrid Astel 80

Als ihm Anfang der 70er – kein Text über Astel kommt an dieser bundesrepublikanischen Wegmarke vorbei – der damalige SR-Intendant Franz Mai wegen seiner politischen Unbotmäßigkeit fristlos kündigte, erlangte Astel einige Berühmtheit. Dass ihm dies später als Künstler nicht gelang (mit Ausnahme vielleicht seiner im Zweitausendeins-Band „Neues & Altes vom Rechtsstaat & mir“ 1978 gesammelten, häufig eher platten politischen Lyrik), mag kränkend gewesen sein. Viele kritische Geister solidarisierten sich damals mit ihm. Doch brauchte es drei Arbeitsgerichtsprozesse, ehe Astel 1973 seine Rückkehr auf den Halberg juristisch durchgesetzt hatte.

Über Jahrzehnte hinweg kultivierte er in seiner Sendung „Literatur im Gespräch“ etwas, was man heute vergeblich im Radio sucht: ein unorthodoxes Gespräch über wesentliche Lebensfragen, bei dem der Gastgeber mit Vorliebe entlegene Wege einschlug – festgemacht an alten und modernen Mythen, an Botanik und Semantik, an antiken oder neuzeitlichen Wahrheitsbegriffen. Nicht selten meinte man am Ende mancher Sendung, dass ein Daseinszipfel gelüftet worden war. Vielleicht deshalb, weil Astel in diesen Gesprächen (eine Auswahl ist unter www.literatur-im-gespraech.de abrufbar) im Grunde auf dasselbe zielte, was ihn seit den 80ern in den Kurz-Gedichten seiner nachpolitischen Zeit umtrieb: „die Verwirklichung des Wunsches, dass der Augenblick bleibt“. Astels tausende Kurzgedichte (zu finden unter www.zikaden.de) lassen sich insoweit als Augenblicks-Kondensationen begreifen. Mit den Mitteln einer raffinierten Naivität bringen die besten seiner Drei- und Vierzeiler zusammen, was so noch in keinem Gedankenbett beieinander lag. / Saarbrücker Zeitung

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