Die bekanntesten Schriftsteller Madeiras haben die Insel verlassen. Man darf behaupten, dass sie weggehen mussten, um ein Publikum zu finden. João Cabral do Nascimento (1897-1978) veröffentlichte die meisten seiner 16 Lyrikbände in Portugal, wo er auch starb. Edmundo de Bettencourt (1899-1973), Lyriker und Liederschreiber, hat sich in den dreissiger Jahren in Coimbra, später in Lissabon als Fado-Sänger einen Namen gemacht. Herberto Helder (*1930) hat die Insel früh verlassen, mausarm und ohne Kontakte. Heute gilt er als der bedeutendste zeitgenössische Lyriker Portugals. / NZZ 11.3.02
Harald Hartung schreibt über Silke Scheuermann:
Der Tag, an dem die Möwen zweistimmig sangen . Gedichte. Edition Suhrkamp, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3518122398 Taschenbuch, 74 Seiten, 6,60 EUR / FAZ 11.3.02
Als ein Werk, das den jüdischen und griechischen Wurzeln der europäischen Kultur zutiefst verpflichtet ist und binnen fünf Jahrzehnten kontinuierlichen Wachsens zu einem „festen Bestandteil der zeitgenössischen Literatur“ geworden ist, hat der Münchner Altphilologe Ernst Vogt das schriftstellerische OEuvre Dagmar Nicks gewürdigt. Die 75-jährige Autorin, die in München lebt, erhielt gestern im Rahmen eines knapp zweistündigen Festaktes im Stadttheater den Jakob-Wassermann-Literaturpreis der Stadt Fürth. / Nürnberger Nachrichten 11.3.02 – In den Fürther Nachrichten gibt es ein Gespräch mit Dagmar Nick.
Meanwhile, across the ocean, a group of African poets is attempting to secure reputations outside its native land. Nigeria’s political upheavals throughout the ’90s, its military governments and the too-little publicized tragedy of the execution of environmental activist Ken Saro Wiwa, suggest a chaotic society of silenced or stillborn voices, but publisher Ishmael Reed discovers consistent literary activity. Twenty-Five New Nigerian Poets collects these voices into a small but thoroughly enjoyable volume. These Nigerian wordsmiths write an English transformed by their indigenous experiences and oral literature.
„Like a cloud, like a shroud/ In a grim, blurred dream/ Came the drift in my mind/ The images and hush memories/ Of this wobbly, goblin year/ Now astride the path to the past,“ writes Abubakar Othman in „This Year.“ There is little in this book that could be thought of as shrill protest poetry, and even the darkest poems have a strange, mythic beauty. / Washington Post 10.3.02
25 NEW NIGERIAN POETS. Edited by Toyin Adewale. Ishmael Reed. 67 pp. Paperback, $9.95
Die New York Times untersucht Bin Ladens Gedicht aus seinem Video vom 14. Dezember – ein Plagiat:
According to Roy Mottahedeh, a professor of Islamic history at Harvard, and Salameh Nematt, the Jordanian correspondent of Al Hayat, both of whom translated the poem for me, the poem, which comes from a 1998 collection of Abu Hilalah’s work titled “Poems in the Time of Oppression,“ is in a neoclassical style, with a conventional rhyme scheme, high-flown literary language and the centuries-old imagery of Arabic war poetry. The poet declares that he has come to bear witness that “those who are as sharp as a sword“ have not lost their resolve. They remain committed to religion, struggle and sacrifice. Notwithstanding the horrors of occupation — the clothes of darkness that came over us,“ “the poisoned tooth that bit us“ and “the homes that overflowed with blood“ when “the assailant desecrated our land“ — these fighters will not be deterred until, the poet warns, “you leave our lands.“
Abu Hilalah’s cousin said in his article that bin Laden made two small but notable emendations to the last lines of the poem: “The fighters‘ winds blew, striking their monuments, telling the assailant that the swords will not be thrown down until you leave our lands.“
Where the poet wrote “monuments,“ bin Laden said “towers“; and where the poet wrote “swords will not be thrown down,“ bin Laden said “the raids will not stop.‘ / NYT *) 10.3.02
Der Text des angeblichen Bin-Laden-Gedichts stand in der Dezemberausgabe der Lyrik-Zeitung .
(Verleger Zanzottos und der Lyrikzeitschrift „Zwischen den Zeilen“) bietet auf seiner Homepage einen vorbildlichen Service von biobibliographischen Informationen und Leseproben seiner Autoren (u.a. Elke Erb, Urs Allemann, Oskar Pastior, Ulf Stolterfoht ). Neu: eine umfassende Bibliographie zu Peter Waterhouse (mit Links zu zahlreichen Texten).
Andrea Zanzotto – geboren 1921 im venetischen Pieve di Soligo, wo er heute noch wohnt – gilt als einer der bedeutendsten zeitgenössischen Lyriker Italiens. Hölderlin, Rilke, Celan, Rimbaud, Eluard und Michaux sind ihm ebenso vertraut wie Vergil, Dante, Petrarca, Leopardi, Pascoli und Montale . Eine enge Bindung besteht anfangs auch zu den Hermetikern Ungaretti, Quasimodo und Gatto, von denen er sich aber bald löst. Sein – europäischer – Bildungshorizont reicht von Saussures Sprachtheorie zu den kulturanthropologischen Ideen eines Claude Lévi-Strauss, von den ästhetischen Vorstellungen Maurice Blanchots zu den psychoanalytischen Denkansätzen Lacans. / Georges Güntert, NZZ 9.3.02
Aber die NZZ hat heute mehr zu bieten – auch mehr Zanzotto:
In der Welt-Reihe „Jacobs´ Gedichte“: „Menetekel“ von Günter Kunert. / Die Welt 9.3.02
Außerdem in der NZZ vom 9.3.02:
Wer einmal das entsagungsvolle Lächeln eines Mathematikers gesehen hat, der aufgefordert wurde, seine Arbeit zu erläutern, der muss erkennen, dass die intellegible Welt an diesem Punkt schmerzlich und hoffnungslos entzweigerissen ist und die Hohenpriester dieses Fachs ihr Geheimnis wahren müssen auch dann, wenn sie es viel lieber teilten. Etwas kleinlaut merkt Enzensberger schließlich an: „Auch für mich bleibt die Zugbrücke zu ihrer Insel hochgezogen.“
Wozu also der ganze Zinnober? Was bringt Enzensberger von dieser aufwendigen Nicht-Begegnung als intellektuellen Gewinn wirklich heim ins Land des Schriftstellers und der Gemeinverständlichkeit? Wie sich bald erweist: isolierte Sustantive, ohne genaue Kenntnis ihrer Bedeutung rein auf den Wallunsgwert hin gesammelt wie einst von Gottfried Benn: „Die Mathematik kennt Wurzeln, Fasern, Keime, Büschel, Garben, Hüllen, Knoten, Schlingen, Streifen, Strahlen, Fahnen, Flaggen, Spuren, Kreuzhauben, Ober- und Unterkörper, Geschlechter, Skelette, Maximal-, Haupt- und Nullideale, Ringe, Einsiedler, Monster, Irrfahrten…“ usw. usw. Das ist hübsch; aber es ist recht wenig und wird darum rasch langweilig. /
BURKHARD MÜLLER, Süddeutsche 9.3.02
HANS MAGNUS ENZENSBERGER: Die Elixiere der Wissenschaft. Seitenblicke in Poesie und Prosa. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2002. 281 Seiten, 19, 90 Euro.
Während sich also die „Cosa Nostra des Geisteslebens“ wechselseitig umschmeichelt, tingelt der Autor Rühmkorf durch die Dörfer, bringt seine Produkte als fahrender Sänger an die Leser und stellt dabei fest, dass in den Heuschobern, Gemeindebibliotheken und Provinztheatern „allemal mehr Menschenleben“ anzutreffen sei „als zwischen den Phrasen-Terminals unserer sämtlichen Rezensierstationen“. / Claudia Stockinger, Berliner Zeitung 9.3.02
Peter Rühmkorf : Schachtelhalme. Schriften zur Poetik und Literatur. Werke 3. Herausgegeben von Hartmut Steinecke. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2001. 412 S., 24,90 Euro
Thomas Rosenlöcher erhält den Dresdner Kunstpreis, berichten die Dresdner Nachrichten, 9.3.02
Wer kennt in unseren Breitengraden schon die Gedichte des Urdu-Lyrikers namens Gulzar , die Romane von Amit Chaudhuni oder die Novellen von Shashi Tharoor? Selbst der Bestsellerautor Sunil Gangopadhyay ist in kaum einer unserer Buchhandlungen mit einem seiner Werke vertreten. Doch in 22 Sprachen mit vielen hundert Dialekten glänzt die Literatur Indiens. Über eine Milliarde Menschen, fünf Weltreligionen zugehörig, leben – nach China – im bevölkerungsreichsten Land der Welt, das auf eine mehr als 4000-jährige Kulturgeschichte zurückblicken kann.
Zeit wird’s also, nicht nur indische Computerexperten aus Bangalore, Bombay oder Neu-Delhi nach Deutschland zu holen, sondern das „Land der Dichter und Denker“ auch mit der zeitgenössischen Literatur Indiens vertraut zu machen. Bis 17. März ist allabendlich im Gasteig-Kulturzentrum, im Literaturhaus, in Bibliotheken und vielen anderen Kommunikationszentren der bayerischen Landeshauptstadt dazu Gelegenheit. / Donaukurier 9.3.02
Dank des Pokalfinales Leverkusen – Schalke „reicht wohl noch Platz sechs für den Uefa-Cup. Dahin geht mein ganzes Sehnen.“ Die erfreuliche Vermutung, dass es der Lyriker Friedrich Hölderlin kaum schöner hätte ausdrücken können, ist aber auch schon alles. Ansonsten bleibt nur die Erkenntnis, dass Neu-Trainer Peter Pacult zwar die sportliche Talfahrt stoppen, jedoch das unter Werner Lorant völlig verkrampfte Verhältnis vieler Fans zur sportlichen Leitung nicht lösen konnte. / Münchner Merkur 9.3.02
Das Gedicht „Der Scherenschleifer“ wirft eine burleske Szene hin und vereint das ganz handfest Handwerkliche mit einer mythischen Dimension, in der zugleich uralte und märchengesättigte Tradition aufscheint:
Scherenschleifer, Freund / meinem Schuster, zeigte grinsend / auf den runden Schleifstein, / Der lag unterm Goldregen, / neben der Schwelle.“ Jener Scherenschleifer „kratzte sich im roten Haar voller Lust / und priesterte Thüringer Rezepte, lauthals.“ / Monika Melchert , Freies Wort 8.3.02 über
Annerose Kirchner : Keltischer Wald, quartus-Verlag Buch, 2001, 120 S., 8,90 Euro, ISBN 3-931505-98-7
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