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Veröffentlicht am 31. Juli 2025 von lyrikzeitung
Arthur Cravan, Boxer, Dadaist, Dichter, Neffe Oscar Wildes und „Fahnenflüchtiger von siebzehn Nationen“, verschwand im November 1918 spurlos in den Gewässern vor der mexikanischen Küste – vermutlich bei dem Versuch, mit einem kleinen Boot von Salina Cruz nach Guatemala* zu segeln. Sein Tod bleibt bis heute ungeklärt und nährt den Mythos um einen der radikalsten und schillerndsten Außenseiter der literarischen Moderne. Heute ein Gedicht des französischen Dichters Philippe Soupault aus seiner Sammlung „Grabinschriften“ (1919). Arthur Cravan war Ende 1918 im Golf von Mexiko* verschwunden, aber er schrieb auch Grabinschriften für seine lebenden Surrealistenfreunde Paul Éluard, André Breton und Louis Aragon.
*) siehe im Kommentar
Philippe Soupault
(* 2. August 1897 in Chaville bei Paris; † 12. März 1990 in Paris)
Grabinschriften
ARTHUR CRAVAN
Die Straßenhändler sind nach Mexiko ausgewandert
Alter Boxer du bist dort gestorben
Du weißt nicht einmal warum
Du hast lauter geschrien als wir in den Palästen Amerikas
und in allen Pariser Kneipen
Du hast dich nie in einem Spiegel angeschaut
Du warst im Krankenhaus zur Sommerfrische
Was wirst du nun im Himmel tun alter Junge
Ich habe dir nichts mehr zu verbergen
Die Seine fließt noch an meinem Fenster vorbei
Deine Freunde sind sehr reich
Ich habe ein wahnsinniges Verlangen zu rauchen
Aus: Philippe Soupault, Frühe Gedichte 1917 – 1930. Übersetzt aus dem Französischen und herausgegeben von Eugen Helmlé. München: edition text + kritik, 1983, S. 93
Kategorie: Frankreich, FranzösischSchlagworte: 1918, André Breton, Arthur Cravan, Avantgarde, Boxerpoesie, Dadaismus, edition text + kritik, Eugen Helmlé, Französische Literatur des 20. Jahrhunderts, französische Lyrik, Früh verstorbene Dichter, frühe Moderne, Grabinschriften, Literarischer Mythos, Louis Aragon, Mexiko, Moderne Exzentriker, Oscar Wilde, Paul Eluard, Philippe Soupault, Poetischer Nachruf, Surrealismus, Surrealistische Freundschaften, Todesrätsel, Verschwundene Dichter
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find ich gut, lieber michael. kennst/hast du das? (siehe link) darin geht es ua um cravans verschwinden: https://parasitenpresse.wordpress.com/2018/12/18/stan-lafleur-am-rande-der-wahrscheinlichkeit-von-mexiko/
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ARTHUR CRAVAN
Les marchands des quatre-saisons ont émigré au Mexique
Vieux boxeur tu es mort là-bas
Tu ne sais même pas pourquoi
Tu criais plus fort que nous dans les palaces d’Amérique
et dans tous les cafés de Paris
Tu ne t’es jamais regardé dans une glace
Tu as villégiaturé à l’hôpital
Qu’est-ce que tu vas faire au ciel mon vieux
Je n’ai plus rien à te cacher
La Seine coule encore devant ma fenêtre
Tes amis sont très riches
J’ai une envie folle de fumer
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Salina Cruz liegt allerdings nicht am Golf von Mexiko, sondern am Pazifik. Cravan wollte von dort nach Südamerika, nicht nach Guatemala. Und Cravan war tatsächlich ein Neffe Oscar Wildes.
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Schade, ich wollte mal den Golf von MÉXICO ins Spiel bringen 🤨. Danke fürs Hinsehen!
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