Das Archiv der Lyriknachrichten | Seit 2001 | News that stays news
Veröffentlicht am 15. Juli 2019 von lyrikzeitung
Walter Benjamin
(* 15. Juli 1892 in Charlottenburg; † 26. September 1940 in Portbou)
Sonette
[55]
Ich bin ein Maler der aus Schatten
Das wunderbarste Bildnis malt
Und teurer seine Farben zahlt
Als andre ihre vollen satten
Wenn keiner mehr von ihren prahlt
Erglühen noch die meinen matten
Wie über schweren Grabesplatten
Ein altes Mosaik erstrahlt
Und doch steht Nacht vor meinen Augen
Von Tränen deckt sie ein Visier
Sie müssens aus dem Innern saugen
Mit sehnsuchtstrunkener Begier
Dann wird es als ein Urbild taugen
Dir selber ähnlich ähnlich mir.
Aus: Walter Benjamin: Sonette. Hrsg. Rolf Tiedemann. Frankfurt/Main: Suhrkamp, 1986 (Erstausgabe), S. 63
Walter Benjamins Sonette galten als verschollen. Erst 1981 wurden sie in der Pariser Nationalbibliothek aufgefunden. Benjamin hatte sie mit anderen ihm wichtigen Papieren vor seiner Flucht im Frühjahr 1940 Georges Bataille übergeben. 1986 erschienen sie in der Bibliothek Suhrkamp.
Kategorie: Deutsch, DeutschlandSchlagworte: Georges Bataille, Walter Benjamin
Kann zu diesem Blog derzeit keine Informationen laden.

Neueste Kommentare