25. Winkler zündelt am Schock

Die Neue Zürcher mit einer ganzen Seite Lyrik (aber nur für Käufer). Angelika Overath schreibt über Ron Winkler, 3 Zitate:

1

Nun ist Ron Winkler weniger ein behutsamer Gärtner als ein risikobereiter Pyrotechniker, der schnell einmal Feuer legt und dann selbst zu staunen scheint, was da so alles am Firmament seiner Verse losgeht. Und das ist einiges. „Schreibe ich, erzeuge ich Unterholz / gegen die Wirklichkeit, / aber auch Buschbrände gegen mich / selbst.“

Winkler zündelt am Schock, an der blitzartig provozierten Phantasie, am explosiven Flirt mit dem höheren Unsinn auch. (Freilich wäre das Was-soll-das-bedeuten Verhandlungssache; aber sind Lyriker Laienprediger?)

2

Der „Tanz um die goldene Milch“ endet mit einem „Milchbuben“, der „Milch“ aussah. Dann wieder komponieren „Fischer“ um der Assonanz willen „Fittiche“. Das erinnert an Morgenstern, öfter an Schwitters und an Schreibaufgaben aus Leipzig oder Hildesheim*, wo man einen Satz wie „dieses anheimelnde Hotel steht im Zenit / meiner Abwesenheit. / durch die Fenster kann man das sehen“ weiter variieren könnte auf der Suche nach dem verlorenen und deshalb neu zu entdeckenden Raum.

3

Wenn der Autor mit dem Wort auch die Welterfahrung ernst nimmt, gelingen ihm kostbare Verse der Liebesnähe („Erste Oase Plural“) oder eine Ich-Enthebung als kleine Wasser-Etüde („An der Elbe, beinah“), die die Bewegung des Schwimmens („schönes falsches Klettern“) evoziert, wo die Wellen das Ich „elben lassen. weithin“.

*) wo kriegen die die Schreibaufgaben nur immer her? Sind die veröffentlicht? Oder nur für Rezensenten?

Prachtvolle Mitternacht. Gedichte. Schöffling & Co. 2013, ISBN 978-3-89561-216-9

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